coverstory | keyaccount 06/2021

Corona und noch kein Ende in Sicht

Ein Artikel von Wolfgang Zechner | 06.04.2021 - 10:31
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© Hannes Eisenberger

Es war Ende Februar 2020 als die Pandemie Österreich erreichte und die ersten Coronafälle im Land gemeldet wurden. Schon bald rollte die erste Welle über die Republik und am 16. März 2020 wurde Österreich mit dem ersten Lockdown heruntergefahren. Die Folge war ein massiver Wirtschaftseinbruch. Und: Die Angst ging im Land um, dass die Versorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln womöglich nicht gewährleistet werden könne. Diese Sorgen stellten sich als unbegründet heraus. In den schwierigen Wochen im April und Mai 2020 stand der Lebensmittelhandel seinen Mann. Oder besser: Er stand seine Frau. Denn die überwiegende Mehrheit der Handelsangestellten in den Filialen ist weiblich. Die Geschichte der Pandemie ist in groben Zügen schnell nacherzählt: Ab dem Sommer beruhigte sich die Lage. Das Schlimmste schien überwunden zu sein. Das stellte sich schnell als Wunschdenken heraus. Bereits im August stiegen die Zahlen wieder bedenklich an. Mit dem Prinzip des Kontakt-Tracings wollte die Regierung die Situation in den Griff bekommen. Im Herbst dann das böse Erwachen:  Die Zahlen der Corona-Infizierten, der Intensiv-Patienten und der Todesfälle schossen in die Höhe und erreichten ein Ausmaß, das im Frühjahr noch unvorstellbar gewesen wäre. Am 12. November des Vorjahres erreichte die Pandemie ihren vorzeitigen Höhepunkt: Das AGES-Dashboard wies den Inzidenz-Spitzenwert von 565,9 aus. Der Lockdown Light war gescheitert. Am 17. November traten wieder harte Maßnahmen in Kraft. So schleppte sich das Land dann durch bis zur Vorweihnachtszeit, als wiederum gelockert wurde. Am 26. Dezember folgte der dritte Komplett-Lockdown. Das „Spiel“ wurde auch heuer weitergespielt und endete vorerst in der verlängerten Osterruhe in Ostösterreich, also im Prinzip in einem regional begrenzten, harten Lockdown, der bis zum 11. April ausgedehnt wird.

Nun ist Ostern Geschichte. Und kommende Woche soll auch Ostösterreich wieder geöffnet werden. Wohin die Reise geht, ist freilich ungewiss. Zumal auch in Westösterreich die Zahlen wieder stärker ansteigen. Hinzu kommt: Die Gastronomie bleibt in weiten Teilen des Landes immer noch heruntergefahren. Die Hoffnung liegt nun auf den wärmeren Temperaturen sowie auf einer möglichen Ausnahme für Schanigärten. Parallel beeinträchtigt das schleppende Voranschreiten der Impfung die Hoffnung auf eine baldige wirtschaftliche Erholung. Das Versagen der Institutionen beim Thema Impfung sorgt aktuell für viel Ärger. Man liegt sicher nicht falsch, wenn man die Vorgänge in großen Teilen Europas und in Österreich als Desaster bezeichnet.

Geschlossene Gastro belastet Produzenten

Während der LEH noch von der Situation profitiert – ein Jahresplus von 10,1 Prozent legt beredtes Zeugnis darüber ab –, stöhnen immer mehr Lebensmittelproduzenten über die unsichere Zukunft der Gastronomie. „Die Spanne im Lebensmittelhandel ist bei uns bei Weitem nicht so hoch wie in der Gastronomie, darum trifft uns diese Situation mit voller Härte“, so ein Manager eines großen heimischen Markenartiklers off records zu KEYaccount. Wobei einige Marktbeobachter die Marke auch im pandemischen Aufwind sehen. Günther Thumser etwa, Geschäftsführer des Österreichischen Verbands der Markenartikelindustrie, bleibt optimistisch: „Gerade in volatilen Zeiten besinnen sich die Menschen auf das Vertraute, also auf die Marke.“

Auch Handelsketten leiden

Auch der große Sieger des Vorjahres im LEH, die Salzburger Spar Gruppe, hat mit der On-off-Lockdown-Politik hart zu kämpfen. Die 29 hauseigenen Einkaufszentren der SES und die Sporthandelskette mussten im Vorjahr etwa wegen der zahlreichen Corona-bedingten Schließtage harte Einbußen hinnehmen. So musste Hervis ein Umsatzminus von 7,3 Prozent und die SES ein Minus von 13,2 Prozent verkraften. Noch viel härter hat es naturgemäß den Gastro-Großhandel erwischt. „Wir haben im vergangenen Jahr einen Umsatz in der Höhe von 457 Millionen Euro erwirtschaftet. Das entspricht einem Minus von rund 25 Prozent gegenüber dem Vorjahr“, sagt etwa Transgourmet Österreich-Geschäftsführer Thomas Panholzer zu KEYaccount. Das sei natürlich dramatisch, man dürfe aber nicht vergessen, dass wir 85 Prozent unseres Umsatzes mit der Gastronomie machen und ebendiese im Vorjahr mit mehr als 120 Schließtagen konfrontiert gewesen sei, so Panholzer weiter. Auch das Handelshaus Wedl wurde von der Corona-Krise im Vorjahr hart getroffen. In Summe sank der Gruppenumsatz um 26,8 Prozent auf 393 Millionen Euro. Und die Kastner-Gruppe musste 2020 einen Umsatzrückgang von neun Prozent hinnehmen.

Gute und schlechte Nachrichten

Die Situation 2021 dürfte nicht gerade rosiger geworden sein. Das erste Quartal ist bereits vorüber und die Gastronomie ist weiterhin großflächig geschlossen – mit der Ausnahme, dass Speisen natürlich zugestellt und im Gassenverkauf angeboten werden. Auch für die gesamte Wirtschaft gilt: Eine Erholung scheint noch nicht in Sicht. Aber es gibt einen kleinen Lichtblick! Den zumindest wollen die beiden Forschungsinstitute Wifo und IHS erkannt haben, die gerade ihre neuen Prognosen vorgelegt haben. Das Wifo hat zwei Szenarien präsentiert: eines, das davon ausgeht, dass es nach März keine weiteren Lockdowns mehr gibt, und eines, das erneut mit einer vierwöchigen Schließung des Handels und der personenbezogenen Dienstleister rechnet. Das zweite ist natürlich realistischer – auch weil inzwischen die sogenannte Osterruhe für den Osten verkündet wurde. Im wahrscheinlicheren Szenario rechnet das Wifo mit einem Wirtschaftswachstum für das Gesamtjahr von 1,5 Prozent. Und selbst die mageren 1,5 Prozent sind ein Silberstreif am Horizont. Im Vorjahr ging die Wirtschaftsleistung bekanntlich um 6,6 Prozent zurück. Dass es heuer wirtschaftlich nicht noch weiter bergab geht, ist eine gute Nachricht. Sie ist aber vor allem den Industriedaten und der Bauwirtschaft geschuldet.

Schlechte Nachrichten gibt es in Sachen Konsumerholung.  Selbst bis Ende 2022 wird der Konsum laut Wifo nicht das Vorkrisenniveau erreichen. In einem optimistischeren und damit wohl unwahrscheinlicheren Szenario ohne Lockdown geht das Wifo für heuer von einem Wachstum von 2,3 Prozent aus. Das IHS selbst rechnet mit einem Plus von 2,6 Prozent für heuer, wobei in diesen Berechnungen kein neuer Lockdown vorkommt. Erst für 2022 sind beide Institute schon deutlich optimistischer, das Wifo rechnet hier mit deutlich über vier Prozent Wachstum. Bedenklich freilich ist die Entwicklung im europäischen Vergleich: Denn Österreich erholt sich offenbar deutlich langsamer als Gesamteuropa. So rechnen die Wirtschaftsforscher für heuer mit einem Wachstum im Euroraum von 3,9 Prozent.

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