Fleisch & Wurst

Wachsende KOSTEN als größtes PROBLEM

Ein Artikel von Johannes Lau | 29.03.2022 - 08:50

Die Zeiten waren auch schon mal leichter für die Fleischbranche. „Derzeit ist die Lage nicht einfach“, konstatiert Spar-Unternehmenssprecherin Nicole Berkmann: „Es kommt zu Preiserhöhungen auf Seiten der Landwirtschaft.“ Zudem werde die energieaufwendige Fleischproduktion von den momentanen Preissteigerungen vor allem auf dem Energiesektor getroffen. Über die Eigenmarke Tann kann sich Berkmann aber nicht beklagen: „Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung.“ Auch von den derzeitigen Verwerfungen auf den ausländischen Märkten bedingt durch die Ukraine-Krise sei man nicht betroffen: „Wir verkaufen nur heimisches AMA-Gütesiegelfleisch und wir exportieren nicht.“ Auf die Frage, was dabei besonders nachgefragt werde, antwortet Berkmann: „Tierwohl und Bio stehen auch bei Fleischkonsumenten hoch im Kurs.“ Diesen Trend kann man bei Transgourmet bestätigen: „Besonders positiv hat sich der Bio-Bereich entwickelt“, freut sich Florian Peham, Category Manager Fleisch. „Wir haben bei Bio-Fleisch um 29 Prozent zugelegt. Auch Bio-Wurst sowie Selchwaren verzeichnen ein Plus von 20 Prozent.“ Solche Zuwächse sind natürlich in diesen schweren Zeiten besonders erfreulich: „In Summe – und obwohl die Transgourmet-Kernzielgruppe Gastronomie fast die Hälfte des Jahres geschlossen halten musste – konnten wir die Verkaufsmenge um über vier Prozent steigern. Das spiegelt sich auch im Marktanteil, der gleichfalls stieg.“ Das ist nicht selbstverständlich – schließlich machte einem nicht nur der Gastro-Lockdown zu schaffen: „Das vergangene Jahr war im Bereich Fleisch sehr herausfordernd: Wir waren unter anderem mit Schweinepest, Vogelgrippe und Versorgungsschwierigkeiten konfrontiert.“

Ein wahrer Boom
Dass das bislang zu keinen Einbrüchen in der Bilanz führte, lag womöglich an Linien, die die moderne Nachfrage bedienen. Laut Pelham erlebte vor allem die Nachhaltigkeits-Eigenmarke „Transgourmet Vonatur“ einen wahren Boom: „Die Produkte treffen den Zeitgeist. Denn wir bieten genau das, was die Gesellschaft verlangt – nachhaltige Lebensmittel, die von kleinen Betrieben in handwerklicher Tradition hergestellt werden.“ Ohnehin haben zuletzt alle Eigenmarken bei den Kunden gepunktet. Daneben seien in der Gastronomie derzeit vor allem geschnittene Ware und Convenience-Produkte gefragt – was dem derzeitigen Personalmangel geschuldet ist. Transgourmet selbst werde aktuell aber anderweitig besonders gefordert: „Die größten Herausforderungen momentan sind die laufend stark steigenden Preise und die Warenverfügbarkeit. Niemand kann seriös einschätzen, wie sich diese Themen weiterentwickeln.“ Derzeit sei man damit beschäftigt, die Warenverfügbarkeit wieder auf ein normales Niveau zu bekommen – hier sei selbst die Preisthematik nachrangig. Denn durch Corona habe sich das Geschäft einschneidend verändert, verrät Peham: „Wir sehen uns seit der Pandemie mit einer weiteren kundenseitigen Entwicklung konfrontiert: Es wird kurzfristiger bestellt, Lagerhaltung ist fast kein Thema mehr. Wir setzen alles daran, möglichst flexibel auf das geänderte Einkaufsverhalten zu reagieren.“ Auch Handl Tyrol befindet sich derzeit im Reaktionsmodus (ein ausführliches Interview mit Geschäftsführer Karl Christian Handl lesen Sie auf Seite 14): 2021 waren die Geschäfte noch positiv verlaufen – die Gruppe konnte den Umsatz auf 171 Millionen Euro steigern. Daher hatte man sich Anfang des Jahres den Markenausbau zum Ziel gesetzt, nun gilt es vor allem die Preis- und Versorgungssituation im Bereich der Rohstoffe und Betriebsmittel in den Griff zu bekommen. Schließlich sind in den letzten Wochen die Rohstoffpreise für Rind- und Schweinefleisch um mehr als ein Drittel gestiegen – auch aufgrund der Entwicklungen in der Ukraine. Die wichtigsten Exportmärkte von Handl Tyrol sind vom Krieg zwar nicht unmittelbar betroffen, aber die dadurch ausgelösten Preissteigerungen am Rohstoffmarkt sind sehr stark spürbar.

Lebensmittel-Patriotismus
Die erhöhten Preise seien aber auch schon vor dem Konflikt in Osteuropa eine Herausforderung gewesen, betont Rudolf Berger, Geschäftsführer von Berger Schinken: „Die Ausgaben für Energie, Logistik und Verpackung steigen massiv – nicht erst seit Beginn des Kriegs in der Ukraine.“ Aufgrund der Entwicklung vor Ort werde die Situation jedoch verschärft: „Durch Export-Verbote von agrarischen Gütern in der Ukraine und einigen Nachbarländern erhöhen sich die Getreidepreise bereits jetzt – das trifft die Fleischbranche im Bereich der Futtermittel für die Tiermast.“ Aktuell erlebe die Branche einen so noch nicht dagewesenen, sprunghaften Anstieg der Kosten in nahezu allen Bereichen: Seit Jahresbeginn hat sich der Einkaufspreis für Schweinefleisch um 40 Prozent erhöht – ob das schon das Ende der Fahnenstange ist, wisse niemand: „In Summe ist die Situation extrem herausfordernd und noch weniger vorherseh- und damit kalkulierbar als in der Vergangenheit.“ Dennoch sollte man nicht in Panik verfallen, rät Berger: „Wir versuchen, die Situation sachlich und von Tag zu Tag zu bewerten und vor allem einen kühlen Kopf zu bewahren.“ Dennoch müsse man davon ausgehen, dass aufgrund der teilweise unterbrochenen Lieferketten und Preissteigerungen die Kosten weiter steigen werden. „Die Volatilität der Märkte und die aktuelle Dynamik machen es schwierig, hier allgemein gültige Aussagen zu konkreten Preissteigerungen zu machen. Fakt ist, dass diese Preisanpassungen zeitnah umgesetzt werden müssen.“ Dass Berger trotz allem Ruhe bewahrt, liegt auch daran, dass man derzeit auch noch von den zuletzt guten Zahlen zehrt: Trotz der lange geschlossenen Gastronomie konnte man in Sieghartskirchen nach dem herausfordernden ersten Corona-Jahr 2021 wieder an das Niveau von 2019 aufschließen und sogar ein Wachstum erzielen. Erreicht habe man das auch durch das entsprechende Sortiment: „Der erstarkte, anhaltende ‚Lebensmittel-Patriotismus‘ spielt Berger Schinken in die Hände. Auch Bio ist gefragt wie nie. Wir kommunizieren daher intensiv die Vorzüge der Produkte aus dem Klimaschutzprogramm Regional-Optimal sowie aus unserer Berger Tierwohl-Linie.“
 
Es rappelt im Karton
Wiesbauer ist trotz der Schwierigkeiten, die die Branche hat, ebenfalls gut durch das Jahr 2021 gekommen: Mit einem Gruppenumsatz von 185 Millionen Euro konnte man das Vorjahresniveau von 2020 (186 Millionen Euro) fast halten. „Das ist in dieser schwierigen Zeit als Erfolg zu werten und verdankt sich unserem guten Krisenmanagement“, lobt Geschäftsführer Thomas Schmiedbauer. Aufgrund der anhaltenden Corona-Pandemie sei das vergangene Jahr nämlich wieder von zahlreichen Herausforderungen geprägt gewesen: Neben aufwendigen Schutz- und Hygienemaßnahmen sowie dem allgemeinen Arbeitskräftemangel habe man vor allem mit starken Preiserhöhungen bei den Produktnebenkosten zu kämpfen gehabt: Der zufriedenstellenden Ertragssituation stehen somit explodierende Kosten in der Produktion gegenüber, die kaum mehr überlebenssichernde Gewinnmargen zuließen. Und neben den Rohstoffpreisen seien zuletzt auch noch die Kosten für Verpackungen, Logistik und Energie stark gestiegen. Allein die Kosten für Strom und Gas würden sich aufgrund von Tarifanpassungen dieses Jahr für Wiesbauer fast verdoppeln. Auch die fehlende Verfügbarkeit von Verpackungsmaterialien werde zunehmend zum Problem: Die Preise für Kartonagen und Folien seien um 30 Prozent gestiegen und aufgrund des weltweit steigenden Verbrauchs komme es immer öfter zu Lieferschwierigkeiten.

Das führe zu fehlender Planbarkeit: „Kürzlich musste ich bei einem bestehenden Auftrag zu ohnehin schon erhöhten Preisen eine zusätzliche Preiserhöhung von 14 Prozent akzeptieren – für eine Folien-Bestellung im September 2021, die noch dazu erst im Februar geliefert wurde“, berichtet Thomas Schmiedbauer. Er habe jedoch keine Wahl gehabt: „Hätte ich mich geweigert, würde ich das nötige Verpackungsmaterial gar nicht bekommen und könnte somit keinen Kunden wunschgemäß mit Produkten beliefern.“ Somit kommen die Auswirkungen der extremen Kostensteigerungen, die sich im Vorjahr schon bemerkbar gemacht haben, derzeit erst so richtig zum Tragen, aber sie seien laut Schmiedbauer unumgänglich: „Preisanpassungen sind notwendig für die Beständigkeit und Sicherung der Qualität. Bei all unseren Produkten ist eine Preissteigerung von circa acht bis zehn Prozent notwendig, um weiterhin erfolgreich wirtschaften zu können.“ Sollten in den nächsten Wochen auch noch, wie vorauszusehen ist, die Rohstoffpreise weiter steigen, wird ein noch deutlich höherer Aufschlag nötig. Auch deshalb erhofft sich Schmiedbauer von den Handelspartnern eine faire Preisgestaltung. Trotz dieser Schwierigkeiten ist er dennoch frohen Mutes: „Mit unserer Expertise und dem täglichen Einsatz unserer Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter werden wir die Situation auch 2022 erfolgreich meistern.“