coverstory | keyaccount 04/2021

So hoben Lebensmittel im Vorjahr ab

Ein Artikel von Wolfgang Zechner | 09.03.2021 - 10:40

Es war ein Jahr wie keines je zuvor. 2020 stand ganz im Zeichen der Corona-Krise. Und diese Krise schaffte nicht nur bei den Marktanteilen und bei Umsätzen neue Realitäten, sie veränderte auch das Einkaufsverhalten der Menschen in Österreich grundlegend. Im Vergleich zu 2019 verzeichneten der klassische Lebensmitteleinzelhandel, die Diskonter und weitere Einkaufsquellen wie Bäcker, Fleischer, Märkte oder Zustelldienste wertmäßige Zuwächse von 14 Prozent. Den stärksten Zuwachs gab es im zweiten und im vierten Quartal. Auch mengenmäßig haben alle erfassten Warengruppen zugelegt, im Mittel um knapp zehn Prozent.

20 Euro mehr als im Jahr davor

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© RollAMA/AMA-Marketing, Feldarbeit: GfK Austria/ Auswertung: KeyQuest Marktforschung

Die wichtigste Erkenntnis vorab: Die durchschnittlichen Haushaltsausgaben für Frischeprodukte ohne Brot und Gebäck und Fertiggerichte lagen 2020 bei 170 Euro pro Monat. Der wertmäßig größte Anteil entfällt auf Wurst und Schinken, gefolgt von Milch, Joghurt und Butter. Platz drei nimmt die Warengruppe Fleisch inklusive Geflügel ein, zehn Prozent werden für Käse ausgegeben. Obst und Gemüse machen gemeinsam knapp ein Viertel der Ausgaben aus (siehe Grafik Seite 7). 2020 gaben die Haushalte damit im Schnitt rund 20 Euro mehr pro Monat im Lebensmitteleinzelhandel aus als in den Jahren davor. Besonders gestiegen sind die Ausgaben für Fertiggerichte, Frischgemüse und -obst, Fleisch, Wurst und Schinken sowie für frische Milchprodukte. Den Löwenanteil am 170-Euro-Kuchen macht das Sortiment Wurst & Schinken mit einem Anteil von 18,7 Prozent oder 31,8 Euro aus.

Für den Lebensmitteleinzelhandel wird über alle RollAMA-Sortimente ein 2020er-Plus von 13,4 Prozent ausgewiesen. Das korrespondiert mit dem Umsatzplus von 10,1 Prozent, das NielsenIQ für 2020 ausgewiesen hat. Vor allem für das zweite und das vierte Quartal, also jene Zeiträume, in die die Lockdowns fielen, können starke Steigerungen nachgewiesen werden. Im zweiten Quartal betrug das Plus gegenüber der Vorjahresperiode 20,4 Prozent und im vierten Quartal 13,9 Prozent. Am „schwächsten“ performte das dritte Quartal: Es konnte im Jahresvergleich nur um 6,7 Prozent zulegen. Für das erste Quartal weist die AMA ein Wachstum von 13,2 Prozent auf. Darin enthalten sind freilich schon die März-Zahlen, als das Land zum ersten Mal coronabedingt runtergefahren wurde.

Mehr Milchprodukte, weniger Frischmilch

Sehr interessant wird es, wenn man sich die Ergebnisse für die einzelnen Sortimente ansieht. Die weiße Palette der Milchprodukte schaffte im vergangenen Jahr ein Mengenplus von neun Prozent sowie ein wertmäßiges Plus von 15,6 Prozent. Bis auf Frischmilch haben alle Produktgruppen zugelegt. Der Rückgang bei der Frischmilch erklärt sich durch den Abtausch gegen länger haltbare ESL. Das spiegelt einen schon länger zu beobachtenden Trend wider, der durch Corona noch verstärkt wurde. Viele Konsumenten wollten in Zeiten von Corona weniger oft einkaufen gehen. Länger haltbare Milch bedient dieses Bedürfnis. Dass vergangenes Jahr mehr gekocht wurde, wahrscheinlich auch traditionelle Gerichte, lässt sich aus dem Zuwachs bei Butter und beim kleinen, aber interessanten Segment Butterschmalz mit einem Plus von 30 Prozent ablesen.

Käse und Fleisch im Aufschwung

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© RollAMA/AMA-Marketing, Feldarbeit: GfK Austria/ Auswertung: KeyQuest Marktforschung

Auch Käse setzte seinen Siegeszug fort. Über alle Käsesorten gerechnet betrug das Plus zehn Prozent. Dabei setzte sich der Trend zur Convenience fort. Will heißen: Der Anteil an fertig aufgeschnittenem und abgepacktem Käse stieg weiter, in Bedienung wurde weniger gekauft. Ein ähnliches Bild beim Fleisch: Tierische Produkte wurden öfter als in den Vorjahren gekauft. Hier punkteten vor allem Fleischsorten, die schnell und einfach zuzubereiten sind. Hühnerfleisch legte wertmäßig um 17,4 Prozent zu, Faschiertes sogar um 20 Prozent. Schwein wuchs zwar mengenmäßig nur um 1,6 Prozent, wertmäßig dafür um 8,7 Prozent. Rind legte wertmäßig um 5,6 Prozent zu, Pute um 4,1 Prozent. Insgesamt wuchs das Fleisch-Sortiment mengenmäßig um 7,9 und wertmäßig um 10,8 Prozent. Eier braucht man für viele Gerichte, sie haben von der außergewöhnlichen Situation im Jahr 2020 besonders profitiert. Frischgemüse legte mengenmäßig um 15,9 und wertmäßig um 19,6 Prozent zu. Eine große Diskrepanz gab es bei Obst. Mengenmäßig betrug das Plus nur 1,8 Prozent, wertmäßig dafür 13,2 Prozent. Interessantes Detail: Der Anteil jener Lebensmittel, die in Aktion gekauft wurden, ist 2020 von 27,6 auf 26,5 Prozent gesunken. Den höchsten Aktionsanteil hatten mit 33,5 Prozent immer noch Fertiggerichte, wobei der Aktionsanteil hier sogar ungewöhnlich stark, nämlich um 3,3 Prozentpunkte gefallen ist. Sehr hoch war im Vorjahr auch der Aktionsanteil bei Fleisch und Wurst: Er betrug 30,8 Prozent. Am wenigsten stark wurden Eier (18,9 Prozent) rabattiert

Ein ungewöhnlicher Sieger

Und was waren die gefragtesten Produkte? Ganz vorne findet sich mit Blumenkohl ein ungewöhnlicher Sieger. Das Gemüse legte im Vergleich zum Jahr davor um 32,7 Prozent zu. Auf den Plätzen folgen Gemüsekonserven (plus 28,1 Prozent), Pilze (plus 22,1 Prozent), Trocken-Fertiggerichte (plus 21,7 Prozent) und Tiefkühl-Obst (plus 21,4 Prozent).