Schwerpunkt: Teigwaren, Sugo und Pesto

Im Reich der Nudel rollt der Rubel

Ein Artikel von Johannes Lau | 10.02.2021 - 07:00
Gabel mit Spaghetti_Antonio Truzzi_shutterstock_1102303778.png

© Antonio Truzzi / shutterstock.com

Neben Klopapier stellten sie im Pandemiejahr 2020 den Konsumartikel schlechthin dar: Vor allem die Nudelabteilungen wurden bei den Hamsterkäufen zu Beginn des ersten Lockdowns leergefegt. Laut NielsenIQ hat sich im Handel der Absatz von Teigwaren um 20,2 Prozent verbessert – somit steigerte sich dieses Segment doppelt so gut wie der ohnehin stark gewachsene LEH (10,1 Prozent). „Da gab es eine totale Hysterie“, berichtet Joachim Wolf, Inhaber von Wolf Nudeln. „Das war, als wenn der Krieg ausgebrochen wäre und es am nächsten Tag nichts mehr zu essen gäbe.“ Diese inflationäre Nachfrage schlägt sich natürlich auch in Wolfs Bilanz nieder: „Vom Umsatz her ist es ein sehr gutes Jahr gewesen – wir haben uns gegenüber den Vorjahren je nach Produktgruppe um 12 bis 15 Prozent gesteigert.“ Nach der ersten Lockerung habe sich das zwar wieder etwas entspannt, die Nachfrage blieb aber erhöht – vor allem weil sich Wolfs Markenbekanntheit noch verbessert habe: „Obwohl sich ab Mai die Lage wieder etwas beruhigt hat, lagen wir auch in der Zeit danach im Vergleich weit über den monatlichen Umsätzen des Vorjahres.“

Auch Recheis hat sich im vergangenen Jahr verbessert: Am Ende verzeichnete man im Handel einen Umsatz von 32,6 Millionen Euro – eine Verbesserung von 24,1 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Ein Drittel des Wachstums des Segments im LEH wurde von der Marke Recheis beigesteuert“, kalkuliert Geschäftsführer Martin Terzer.  Aber auch für den österreichischen Marktführer im Nudelbereich (32,3 Prozent) lief 2020 nicht alles rosig: „Den guten Umsatzentwicklungen im LEH steht allerdings das große pandemiebedingte Minus in der Gastronomie gegenüber, das 2020 nicht mehr ausgeglichen werden konnte.“ Recheis‘ Bestseller waren im Bevorratungsjahr 2020 wenig überraschend die Ein-Kilo-Großpackungen, deren Umsatz sich um 31,3 Prozent verbesserte. Auch im zweiten Lockdown ist der Nudelkonsum wieder angestiegen – das lag laut Terzer diesmal aber allein an der geschlossenen Gastronomie. Die große Vorratsbeschaffung blieb aus. Vielleicht auch deshalb, weil die Bevölkerung im Frühjahr gemerkt hat, dass die Grundversorgung gesichert bleibt. Terzer: „Unsere Struktur hat sich dabei ganz besonders bewährt. Durch unseren Fokus auf österreichische Rohstoffe und unser Netzwerk an Partnern aus Österreich konnten wir die Grundversorgung gemeinsam mit den anderen Unternehmen unserer Branche sicherstellen.“

Enorme Spitzen

Bei Finkensteiner, der ältesten Nudelfabrik Österreichs, galt es ebenfalls eine deutlich gesteigerte Nachfrage zu bedienen. „Die Produktionsmenge hat sich bei einigen Produkten verdreifacht“, erzählt Geschäftsführerin Katharina Gregori. „Wir haben in der Logistik gute und verlässliche Partner. Auch intern haben meine Mitarbeiter alles darangesetzt, um diese Mehrmenge zu bewältigen. Der Lagerplatz der produzierten Ware wurde fast schon knapp. Die Produktion mussten wir auch auf das Wochenende ausdehnen. Doch grundsätzlich sind wir froh darüber gewesen, dass wir arbeiten durften.“ Bislang verläuft 2021 etwas weniger intensiv und Gregori erwartet, dass das vorerst auch so bleibt: „Der Jänner ist ruhiger ausgefallen als 2020. Es ist aus Erfahrung so, dass sich die Aufträge meist nach hinten in den Fe­bruar, März verschieben. Und ich gehe davon aus, dass die Mitbürger noch einiges auf Lager haben.“ Das fügt sich in den allgemeinen Tenor der Produzenten: Die Bevölkerung bleibt weiterhin versorgt. Das sagt auch Markus Amann, Unternehmenssprecher von Hilcona: „Es war nicht immer leicht, aber ich denke, wir haben alle zusammen einen guten Job gemacht. Unsere Branche zeigt sich generell resistenter gegenüber Krisen, weil wir Produkte des täglichen Bedarfs herstellen. Wir haben auf die verschiedenen Schwankungen flexibel reagiert und konnten damit verhindern, dass es zu nennenswerten Problemen bei der Lieferfähigkeit gekommen ist.“ Die Hamsterkäufe haben auch für sein Unternehmen enorme Spitzen gebracht, die aber danach wieder stark zurückgegangen seien.  „Wie eine „Endabrechnung“ aussieht, lässt sich noch nicht sagen.“ Was aber jetzt schon deutlich sei, dass Covid-19 Trends wie die gesunde Ernährung noch einmal verstärkt habe: „Durch die Pandemie wurden auch das Thema Lebensmittelgesundheit und somit die Bedenken zu Hygiene und Produktion in den Vordergrund gerückt. Sich auf die eigene Gesundheit zu konzentrieren, wurde nicht nur zur Priorität, sondern sogar zur Verantwortung, die sich sowohl auf das körperliche als auch auf das emotionale Wohlbefinden erstreckte. Verbraucher sind jetzt auf der Suche nach Produkten, die auf ihre spezifischen Bedürfnisse abgestimmt sind – und das nicht nur aus ernährungswissenschaftlicher Sicht.“

Der Lagerplatz der produzierten Ware wurde fast schon knapp. Die Produktion mussten wir auch auf das Wochenende ausdehnen. Doch grundsätzlich sind wir froh darüber gewesen, dass wir arbeiten durften.


Katharina Gregori, Finkensteiner

Gesund ist Trumpf

Das kommt einem schon immer auf Bio-Produkte spezialisierten Unternehmen wie Alnatura zugute. „Besonders beliebte Alnatura-Klassiker wie Spaghetti und Dinkel-Spirelli haben sich während des ersten Lockdowns sehr gut entwickelt: mit einem dreistelligen Wachstum“, bilanziert Irmgard Schuhmann-Lucny, Standortverantwortliche Alnatura Österreich. „Denselben Anstieg konnten wir auch bei der Nachfrage nach Tomatensaucen, Sugo und Pesto beobachten.“ Ob Alnatura diese Nachfrage aber in Zukunft auch weiter ausreichend befriedigen kann, bleibt abzuwarten: Nach der Auslistung bei DM will auch Billa die Bio-Marke aus den Regalen schmeißen. Wie man hier aber sieht: Ein gesteigerter Absatz von Nudeln geht klarerweise mit einem Mehrverkauf von Pesto und Sugo einher – davon hat eine der hierzulande bekanntesten Marken in diesem Bereich profitiert: Felix. „Insgesamt ist es 2020 zu einer deutlichen Absatzsteigerung von Sugo im Allgemeinen gekommen“, sagt Senior Product Group Manager Elisabeth Gruber. „Wir sind mit der Entwicklung von Felix Sugo im abgeschlossenen Jahr sehr zufrieden. Vor allem während des ersten Lockdowns ist es zu großen Steigerungen innerhalb des Sugo-Segments gekommen. Auch mit dem zweiten Lockdown sind die Absätze erneut angestiegen, jedoch auf niedrigerem Niveau als während des ersten.“ Und auch hier beobachtet man, dass gesunde Ernährung weiterhin ein Trend ist, den man entsprechend bedient. Felix' Sugo-Range ohne Zuckerzusatz wurde 2020 um eine Sorte mit Basilikum ergänzt. „Mit dieser Sorte setzen wir auf das umsatz- und wachstumsstärkste vegetarisch-vegane Sugo-Segment und kommen damit sowohl dem Wunsch der Konsumenten nach zuckerreduzierten Lebensmitteln als auch dem Trend zu fleischloser Ernährung entgegen.“ In diesen Zeiten wünscht sich eben auch der Konsument für sich selbst noch mehr als sonst: „Bleib‘ gesund!“