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© Katharina SCHIFFL

Interview

So rückt das Thema Daten heuer in den Mittelpunkt

Ein Artikel von Wolfgang Zechner | 31.01.2024 - 17:42

KEYaccount: Das Jahr 2024 ist noch jung. Welche Herausforderungen kommen im Datenbereich heuer auf die FMCG- und Handelsbranche zu?

Gregor Herzog: Es sind vor allem zwei Themen, die uns heuer intensiv beschäftigen werden. Da wäre zum einen die Zirkularität, also die Kreislaufwirtschaft. Daten werden den gesamten Lebenszyklus eines Produkts künftig noch viel stärker begleiten. Nehmen wir das Beispiel Verpackung. Wenn man Verpackungen künftig in den Verkehr bringen will, wird man noch mehr an Informationen benötigen und bereitstellen müssen. Das sind Daten, die zwischen Handel, Industrie und der Entsorgungs- und Recycling-Branche ausgetauscht werden. Das zweite Thema ist die Konsumentinnen- und Konsumenteninformation. Hier erleben wir gerade eine historische Situation. Ende des Jahres hat der Gesetzgeber erstmals beschlossen, dass bei gewissen Lebensmitteln die entsprechenden Infos nicht mehr unbedingt am physischen Produkt angebracht werden müssen, sondern auch elektronisch bereitgestellt werden können. Konkret geht es hier um alkoholische Getränke.

Was bedeutet das in der Praxis für die produzierenden Unternehmen?

Man kann künftig zum Beispiel auf einer Weinflasche einen QR-Code anbringen. Wenn ich mich über die Nährwerte informieren will, scanne ich diesen mit einem Smartphone und komme so auf eine werbeneutrale Seite, auf der ich die entsprechenden Angaben finde. Im Prinzip ist das der letzte Lückenschluss in der Lebensmittelinformationsverordnung von 2011. Bisher waren alkoholische Getränke davon ausgenommen. Wichtig ist: Man kann die Informationen auch künftig aufs Etikett drucken, muss aber nicht, und kann die Angaben stattdessen online auslagern. Als Lösung bieten wir hierfür den GS1 Digital Link an, um das Produkt mit den Onlineinformationen zu verbinden.

Apropos Getränke: Nächstes Jahr soll der Einwegpfand in Österreich umgesetzt werden. Welche Rolle wird hier GS1 Austria spielen?

Prinzipiell muss man sagen, dass es ein guter und richtiger Ansatz ist, den vorhandenen EAN-13 Strichcode auf den Getränken zu verwenden, um die Einweg-Gebinde am Rückgabeautomaten zu identifizieren. Durch die Global Trade Item Number (GTIN) von GS1 und dem Pfandlogo soll sichergestellt werden, dass das Produkt am österreichischen Markt pfandberechtigt ist. Die Gefahr ist nämlich, dass jemand zum Beispiel Coca-Cola-Flaschen im großen Stil in einem Land mit niedrigerem Pfand kauft, hier zurückgibt und die Differenz kassiert. Das soll mit dem Code beziehungsweise mit dem Logo verhindert werden. Wir arbeiten hier eng mit der Pfandgesellschaft zusammen und gestalten unter anderem das Handbuch mit. 

Weil Sie vorhin die Kreislaufwirtschaft erwähnt haben: Der Digitale Produktpass ist ein Schlüsselelement der europäischen Kreislaufwirtschaftsstrategie. Lebensmittel sind zwar nicht davon betroffen, dennoch wird das Thema sowohl den LEH als auch den DFH beschäftigen. Was kommt hier auf den Handel und die Industrie zu?

Lebensmittel sind davon ausgenommen, dennoch wird die FMCG-Branche betroffen sein. Denn der digitale Produktpass ist sehr wohl für alle Non-Food- beziehungsweise Near-Food-Produkte vorgesehen, die auch im LEH und im DFH erhältlich sind. Wenn man künftig ein Waschmittel ins Regal bringen will, wird man dafür einen digitalen Produktpass benötigen. Und da kommen wir als Datendrehscheibe ins Spiel. Wobei: Wann genau das kommen wird, ist aktuell noch nicht ganz klar. Derzeit sieht es so aus, dass es 2027 so weit sein wird. Aktuell wird auf europäischer Ebene die Grundverordnung fertiggestellt. Dann wird man die Inhalte erarbeiten müssen. Also: Welche Informationen muss ein digitaler Produktpass von Textilien enthalten? Welche Infos sind für Waschmittel relevant? Welche für Möbel?

Kommen wir aus der Zukunft zurück in die Gegenwart beziehungsweise in die jüngere Vergangenheit. Die Markant-Gruppe hat im Vorjahr die Mehrheit am IT-Unternehmen Bayard erworben. Bayard ist ein wichtiger Player im Handling von Stammdaten der FMCG-Branche. Sie bekommen hier also in Ihrem Kerngeschäft Konkurrenz. Wie können Sie als Non-Profit-Organisation hier mithalten?

Wir haben drei Alleinstellungsmerkmale, die uns massiv vom Angebot der Markant unterscheiden. Das erste ist, dass wir im Unterschied zu Markant keine Handelsorganisation sind. Das bedeutet: Wir sind neutral und unabhängig. Zweitens haben wir einen klaren Österreich-Fokus. Wir versorgen den österreichischen Handel mit Daten. Wir wissen daher, was der österreichische Handel braucht und können das auch liefern. Der Mitbewerb ist hingegen eher europäisch organisiert. Und drittens ist uns das Thema Datenqualität ein extrem wichtiges Anliegen. Wir haben rund um das Erfassen der Stammdaten eine Dienstleistung aufgebaut, die darauf abzielt, alle Daten korrekt, vollständig und zeitgerecht an den Handel zu liefern. Im Prinzip bieten wir hier ein Rundum-Service an – und zwar mit persönlichem Kundenbetreuer und 10-jähriger Erfahrung. 

Kann man etwas zu den Marktanteilen der GS1 Austria und der Markant im Bereich Stammdaten sagen?

Ich sage mal so: Vom Sortiment der großen österreichischen Händler liefern wir fast alle Daten. Außerdem betreiben wir unter anderem Händlerportale für Rewe, Spar oder Metro, bei denen wir für Kleinstlieferanten die Daten übermitteln – zu minimalen Kosten. Den Marktanteil von Markant kennt man ja aus dem Nielsen-Universum. Der ist überschaubar.

Ihre Tochterfirma Editel hat zuletzt die Mehrheit an einem slowenischen Experten für Elektronischen Datenaustausch, also EDI, übernommen. Planen Sie heuer weitere Zukäufe in diesem Bereich?

Ja, planen wir. Mehr dazu kann ich zum heutigen Zeitpunkt noch nicht sagen.

Vor knapp einem Jahr wurde in Österreich die Verordnung über die Herkunftsangaben von Zutaten in Speisen von Gemeinschaftsverpflegern und Kantinen im Bundesgesetzblatt kundgemacht. Die Verordnung trat im September in Kraft. Wie ist die Umsetzung bisher datenseitig angelaufen?

Hier geht es ja nur um Großküchen und Gemeinschaftsverpfleger. Das Thema trifft also vor allem den Gastrogroßhandel und die Lieferanten. Die Umsetzung zeigt beispielhaft auf, wie wir uns beim Thema Stammdaten durch unseren Österreich-Fokus vom Mitbewerb unterschieden. Nachdem die Verordnung bekannt gemacht wurde, haben wir uns mit Vertreterinnen und Vertretern der C+C-Branche zusammengesetzt und haben sie gefragt: Was braucht ihr für Informationen, um diese Verordnung zu erfüllen? Daraufhin haben wir Attribute definiert, die dann ins Stammdatenprofil aufgenommen wurden und die nun von den Lieferanten ausgefüllt wurden.