Schlumberger

Das Thema Herkunft ist der wichtigste Trend

Ein Artikel von Angelika Kraft | 06.07.2021 - 14:20
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Kurz vor Beginn der Corona-Pandemie im Jahr 2020 übernahm Benedikt Zacherl die Geschäftsführung von Schlumberger.
© Schlumberger

Seit 13 Jahren arbeitet Benedikt Zacherl bei Schlumberger. Vor eineinhalb Jahren übernahm er die Verantwortung für das Österreich-Geschäft und seit drei Monaten ist er alleiniger Vorstandsvorsitzender der traditionsreichen Kellerei. Mit KEYaccount sprach er über den Geschäftsverlauf in der Pandemie und über die Trends in der Schaumwein- und Spirituosenbranche.

KEYaccount: Wie haben sich die Schließungen der Gastronomie und die Lockdowns auf den wirtschaftlichen Erfolg von Schlumberger ausgewirkt?
Benedikt Zacherl: Ich habe ja Anfang 2020 die Geschäftsführung übernommen, also unmittelbar vor Ausbruch der Pandemie. Sagen wir mal so: Man wächst mit der Aufgabe. Zu Beginn des ersten Lockdowns war das ganze Land von großer Unsicherheit geprägt. In einem ersten Schritt wollten ich und mein Team sicherstellen, dass die Gesundheit der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter gewährleistet bleibt. Und in einem zweiten Schritt haben wir alles darangesetzt, dass die Warenverfügbarkeit und Lieferfähigkeit gesichert werden. Das ist uns auch gelungen. Ich bin sehr stolz auf die Mannschaft, weil wir in kurzer Zeit sehr viel auf die Beine gestellt haben.

Was hat sich in der Pandemie in der Zusammenarbeit mit dem LEH verändert?
Ich muss sagen: Hut ab vor unseren Partnern im Handel, die in dieser Phase der großen Unsicherheit die Versorgung der Bevölkerung sichergestellt haben. Ich habe auch das Gefühl, dass der Lebensmittelhandel in dieser schwierigen Phase gemerkt hat, wer ein verlässlicher Partnerlieferant ist. Aufgrund der Tatsache, dass wir regionale Produkte produzieren und gerade in der Kernkategorie Sekt keine internationale Lieferkette benötigen, konnten und können wir dem Handel ein sehr verlässlicher Partner sein. Letztendlich wollen wir Produzenten und der Handel alle dasselbe: die Konsumentinnen und Konsumenten besser servicieren, ihnen einen Mehrwert bieten und mehr Umsatz machen.

Wie hat sich die wirtschaftliche Lage dann während der weiteren Lockdowns entwickelt?
Uns ist sicher zugutegekommen, dass die Politik die Schaumweinsteuer abgeschafft hat. Schade, dass es dazu eine Katastrophe wie die Corona-Pandemie gebraucht hat, aber das Ergebnis zählt. Nachdem ich mich sechs, sieben Jahre intensiv mit diesem Thema beschäftigt hatte, war mir schnell klar, was das für den Schaumwein- Markt bedeuten wird, nämlich ein kontinuierliches Wachstum. Noch etwas kam uns während der Pandemie zugute: das Cocooning. Wenn man schon nirgends hinfahren und keine Lokale besuchen darf, dann wollten es sich viele Menschen wenigstens zu Hause gut gehen lassen. Und das hat unseren Produkten sehr geholfen.

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© Mila Zytka

Wie haben sich die Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten in dieser Zeit verändert?
Vor allem seit Beginn dieses Jahres merken wir, dass die Konsumentinnen und Konsumenten verstärkt zu unseren Premium-Produkten greifen. Die Menschen sind wieder bereit, sich etwas zu gönnen. Obwohl das Geschäft im LEH natürlich auch für uns sehr erfreulich war, darf man aber nicht vergessen, dass uns zwei Standbeine weggebrochen sind: die Gastronomie und das Exportgeschäft – vor allem in den Flughafenshops, wo wir traditionell sehr stark sind. Trotzdem ist es uns im Gesamtjahr 2020 gelungen, das Umsatzminus quer über alle Geschäftsfelder bei 20 Prozent einzudämmen. Und: Wir haben es trotz des Umsatzminus geschafft, ein leicht positives Ergebnis zu erwirtschaften. Darauf bin ich wirklich stolz. Was für mich auch ganz wichtig ist: Die Mannschaft konnte in diesem schwierigen Jahr 2020 bei der Stange gehalten werden und sämtliche Arbeitsplätze sind erhalten geblieben.

War die Belegschaft zwischendurch auch in Kurzarbeit?
Wir waren ganz zu Beginn der Pandemie drei Monate lang in Kurzarbeit und wir haben im November 2020 die Gastronomiemannschaft noch einmal in Kurzarbeit geschickt.

Wo sehen Sie bei Schaumweinen und bei Spirituosen die großen Zukunftstrends?
Ich habe vorhin erwähnt, dass unsere Premiumprodukte in den vergangenen Monaten sehr stark nachgefragt wurden. Ich glaube, das war auch der speziellen Situation geschuldet. Aber irgendwann werden die Folgen der schwersten Wirtschaftskrise in der Zweiten Republik auch bei den Konsumentinnen und Konsumenten ankommen. Dann wird es hier vielleicht eine gegenläufige Entwicklung geben. Ich glaube daher, dass nicht allein Premium und Qualität zählen, sondern gerade auch in der Schaumwein- Branche das Thema Herkunft der wichtigste Trend ist.

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© Mila Zytka

Wie kann man das Bewusstsein für heimischen Sekt in der Bevölkerung stärken?
Die Konsumentinnen und Konsumenten setzen in vielen anderen Bereichen schon stark auf das Thema. Der Marktanteil von österreichischem Wein beträgt zum Beispiel 85 Prozent. Davon können wir in der Schaumwein-Branche nur träumen. Hier liegt der Marktanteil aktuell bei rund 30 Prozent. Unser Ziel ist es, den Marktanteil von österreichischem Schaumwein mittelfristig auf 50 Prozent zu heben. Das ist nicht unrealistisch – und wir sind hier auf dem richtigen Weg. Handel und Gastronomie setzen etwa immer stärker auf heimischen Sekt. Oder denken Sie an die österreichische Sekt-Qualitätspyramide. Diese wurde geschaffen, um die verschiedenen Kategorien von Sekt geschützten Ursprungs für die Konsumentinnen und Konsumenten übersichtlich darzustellen und ihnen mit der rot-weiß-roten Banderole auch Sicherheit zu geben.

Welche Trends sehen Sie außerdem noch im Schaumwein- oder im Spirituosen-Bereich?
Ein Megatrend ist nach wie vor Rosé. Der Rosé-Schaumwein-Markt hat sich in den vergangenen zehn Jahren nahezu vervierfacht und wächst weiterhin Jahr für Jahr im zweistelligen Prozentbereich. Diese Kategorie wollen wir weiterentwickeln. Das ist unser großes Ziel. Unsere Rosé-Sorten performen gerade sensationell. Und nicht nur die: In den ersten 20 Wochen sind wir mit der Marke Schlumberger im LEH um 35 Prozent gewachsen. Hochriegl als urösterreichische Marke konnte im selben Zeitraum sogar um 46 Prozent wachsen. Auch unsere Spirituosen entwickeln sich im Handel hervorragend. Einen Trend, den ich noch erwähnen will, ist Hard Seltzer. Das ist vereinfacht gesagt ein alkoholisches Getränk auf der Basis von kohlensäurehaltigem Wasser und Alkohol, dem häufig Fruchtgeschmack zugesetzt wird. In den USA ist es das große Trendprodukt – gerade bei jüngeren Konsumentinnen und Konsumenten. Mit White Claw haben wir seit Kurzem den Marktführer aus den USA im Vertrieb.

Letzte Frage: Hat sich das Exportgeschäft heuer wieder erholt?
Nach dem schwierigen Vorjahr kann ich sagen, dass sich das Exportgeschäft jetzt sehr erfreulich entwickelt. Da möchte ich gleich mal unseren Mozart-Schokoladenlikör nennen. Das Produkt hat einen Exportanteil von 85 Prozent und funktioniert gerade in den USA wahnsinnig gut. Warum funktioniert es so gut? Weil die Qualität des Produkts extrem hoch ist. Aber: Ich will unseren Schokoladenlikör auch stärker im Inland verankern. Der Prophet soll endlich auch im eigenen Land gehört werden.