Rewe Group

REWE Group wächst stärker als der MARKT

Ein Artikel von Wolfgang Zechner | 26.04.2022 - 09:26
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© Hannes Eisenberger

Das 2021er-Plus der Rewe betrug über alle österreichischen Geschäftsfelder 1,54 Prozent, 1,25 Prozent machte es im Kerngeschäft, also im Lebensmittelhandel, aus. Das klingt auf den ersten Blick nicht nach viel. Aber der erste Blick täuscht ein wenig. Denn man muss wissen, dass der Lebensmittelhandel in Österreich im Vorjahr eine „rote Null“ geschrieben hat. Und selbst dieses Minus von 0,3 Prozent war eigentlich ein Erfolg – immerhin hatte der Gesamtmarkt im ersten Pandemiejahr 2020 um sagenhafte 10,1 Prozent zugelegt. Dass Rewe im Vorjahr im Kerngeschäft (Billa, Penny und Adeg) um ganze 1,55 Prozentpunkte stärker als der Gesamtmarkt wachsen konnte, kann man nun auf zweierlei Art lesen: Die Glas-halb-voll-Variante geht so: Die strategische Bündelung der Kräfte unter der Marke Billa und die Umstellung von Merkur auf Billa Plus vor fast genau einem Jahr haben sich bezahlt gemacht. Prozesse wurden vereinheitlicht, Kosten wurden gespart und Ziele wurden gesetzt. Zudem konnte man den Abstand zur Nummer drei, dem Diskonter Hofer, deutlich ausbauen. Es gibt aber auch die Glas-halb-leer-Lesart. Die klingt so: Zwar ist man stärker als der Markt gewachsen, aber die Rückeroberung der im Jahr 2020 verlorenen Marktführerschaft scheint trotz der öffentlichkeitswirksamen Fokussierung auf die Marke Billa in weite Ferne gerückt. Grund dafür ist weniger die eigene Performance, als der Auftritt des Marktführers Spar. Während Rewe im Lebensmittelhandel um 1,25 Prozent zulegte, wuchs Spar im selben Zeitraum um 3,9 Prozent. Hatte Spar Ende 2020 noch um 1,3 Prozentpunkte vor Rewe gelegen, so hat sich der Abstand zwischen den beiden Rivalen im Vorjahr auf 2,1 Prozentpunkte erhöht. Spar erreichte im Gesamtjahr 2021 einen Marktanteil von 36,0 Prozent, Rewe kam auf 33,9 Prozent.

„Nummer 1 bei den Kunden“
Schenkt man den Worten von Rewe-Vorstand Marcel Haraszti Glauben, dann geht es ihm primär gar nicht darum, die Marktführerschaft zurückzuholen. Denn diese – also die Marktführerschaft – sage wenig aus, weil man Marktanteile mit einer beherzten Aktionspolitik jederzeit erkaufen könne, wie Haraszti nicht müde wird zu betonen. Vielmehr fasst Haraszti seine Strategie so zusammen: „Wir wollen die Nummer eins bei den Kunden werden. Dieses Ziel haben wir auch 2021 mit vollem Einsatz weiterverfolgt, den nächsten und wichtigsten Schritt konsequent umgesetzt: die Zusammenführung unserer beiden erfolgreichen Vertriebsformate Billa und Merkur unter der Dachmarke Billa. Mit diesem Meilenstein sind wir für unsere Kunden einfacher und noch schlagkräftiger geworden. Haben mit der größten Preissenkung in der Geschichte des Unternehmens und unserer Regionalitäts-Offensive im Sortiment gepunktet.“

Ein Kaufmann in gelb
Billa und Billa Plus konnten den Umsatz im Vorjahr um 1,58 Prozent steigern. Insgesamt beschäftigte das Unternehmen im Vorjahr hier 31.198 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter und erhöhte die Zahl der Märkte um 17 auf 1.270. Apropos Billa: Der traditionsreichen Filialkette steht noch heuer ein „Kulturschock“ ins Haus. Ab Herbst sollen die ersten Kaufleute Billa-Märke übernehmen und selbst führen. Zu Beginn soll es laut Haraszti eine „Handvoll Kaufleute“ sein, die bei Billa das Ruder übernehmen werden. Die Kaufleute-Offensive der Rewe ist ein mutiger Schritt in die Zukunft. Und er zeigt, dass Haraszti durchaus bereit ist, erfolgreiche Konzepte zu übernehmen. Sowohl bei der deutsche Rewe-Mutter als auch bei Spar sind die Kaufleute seit jeher eine entscheidende Säule für den Unternehmenserfolg. Offen bleibt, ob die neuen Billa-Kaufleute und die alten Adeg-Kaufleute unter dem Rewe-Dach ein gemeinsames Auskommen finden werden.

Penny schwächelt
Weniger gut ging es im Vorjahr bekanntlich den Diskontern. Der Pandemie-Trend zum One-Stop-Shopping scheint sich hartnäckig zu halten und stellt die Billiganbieter vor große Herausforderungen. Diese Renaissance der Vollsortimenter traf im Vorjahr auch den Rewe-Diskonter Penny in Österreich. Unterm Strich stand beim Umsatz im Vorjahr ein Minus von 2,69 Prozent im Vergleich zum Jahr 2020. Laut Rewe habe sich Penny 2021 aber trotzdem besser als der Diskontmarkt geschlagen. Zum Vergleich: Hofer und Lidl kamen im Vorjahr laut NielsenIQ auf einen gemeinsamen Marktanteil von 23,1 Prozent. Im Jahr davor waren die beiden Händler noch bei 24,9 Prozent gelegen.

Industrie in die Pflicht nehmen
Beim heiklen Thema Preiserhöhungen will Haraszti die Lebensmittelindustrie in die Pflicht nehmen. „Wir werden nicht alles kopfnickend durchwinken“, kündigt Haraszti an. Und: „Wir werden die Industrie hier fordern.“ Denn jede Krise biete auch eine Chance, so der Rewe-Vorstand, der eine ungleiche Margenverteilung zwischen Handel und Industrie zuungunsten des Handels sieht: „Es gibt Produzenten, die zweistellige Renditen machen, während die Renditen bei uns zwischen einem und drei Prozent liegen.“ Die Margenverteilung sollte man, so Haraszti weiter, neu kalibrieren. Trotzdem wolle man die Augen auch nicht vor dem Problem der steigenden Energie- und Rohstoffkosten verschließen. Aber man müsse eben auch unterschieden, ob diese steigenden Kosten einen internationalen Lebensmittelmulti oder einen regionalen Partner aus der Landwirtschaft treffen, so Haraszti weiter.

Das Comeback von Bipa
Rewe ist in Österreich bekanntlich nicht nur im Lebensmittelhandel tätig. Und genau aus diesen Bereichen gibt es durchaus Erfolgsgeschichten zu erzählen. Da wäre zum einen Bipa. Die Rewe-Drogeriemarke galt in der zweiten Hälfte der Zehnerjahre noch als echter Problemfall. Veraltete Ladendesigns, ein suboptimales Sortiment, ein unnötig zugespitzter Werbeauftritt und ein permanentes Sesselrücken in der Führungsetage plagten die pinke DFH-Kette. Das alles gehört inzwischen der Vergangenheit an. Bipa hat sich zum heimlichen Star im Rewe-Portfolio gemausert. Bereits zum vierten Mal in Folge verzeichnete Bipa im Vorjahr ein Umsatzplus. 2021 betrug es sogar satte drei Prozent. „Das beweist: Der Kurs stimmt. Die Verbesserungen und Anstrengungen für unsere Kundinnen und Kunden tragen nachhaltig Früchte“, so Haraszti.
Um ein Vielfaches höher als bei Bipa war das Plus im Reisesektor. Die Rewe Austria Touristik verzeichnete nach dem Corona-bedingten Umsatzeinbruch 2020 ein Umsatzplus von 44,25 Prozent. Dazu muss man freilich wissen, dass der Umsatz im Jahr davor um 73 Prozent eingebrochen war.

Auslandsgeschäft läuft
Bei jenem internationalen LEH-Geschäft, das von Wiener Neudorf aus gesteuert wird, lief es im Geschäftsjahr 2021 leicht besser als in Österreich. Insgesamt stieg der Bruttoumsatz um 1,98 Prozent auf 18,4 Milliarden Euro. Penny International legte um 1,75 Prozent auf 6,5 Milliarden Euro zu. Der Wachstums-Leader 2021 war mit einem Umsatzplus von 11,79 Prozent einmal mehr Penny Rumänien, gefolgt von Penny Ungarn mit plus 4,45 Prozent und Penny Tschechien mit plus 0,22 Prozent. Der Bereich Vollsortiment CEE (Billa, IKI) erzielte mit einem Plus von zwei Prozent einen Umsatz von 3,6 Milliarden Euro. Zum Glück für Rewe muss sich das Unternehmen aktuell nicht mit einem ungeordneten Rückzug aus dem Kriegsland Russland herumschlagen. Bereits vor einem Jahr verkaufte die Rewe International AG über ihre Tochter Billa Russia GmbH sämtliche Anteile ihrer Beteiligungen in Russland und damit ihr operatives Vollsortimentsgeschäft mit 161 Billa-Supermärkten im Großraum Moskau an die russische Supermarktkette Lenta LLC. Nach dem Russland-Ausstieg liegt der Fokus des internationalen Vollsortiments-Geschäfts nun in Bulgarien, Tschechien und der Slowakei, wo man mit der Marke Billa vor Ort ist, und in Litauen, wo man mit IKI präsent ist. Apropos Litauen: Mit einem Zuwachs von 6,87 Prozent hat IKI Litauen im Vorjahr das stärkste Umsatzplus eingefahren, gefolgt von Billa Bulgarien mit einem Plus von 3,82 Prozent. „Jetzt wollen wir in allen unseren Märkten nachhaltig wachsen. Dafür richten wir uns in jedem Markt punktgenau nach den Wünschen und Bedürfnissen unserer Kunden aus – mit regionalisierten Sortimenten genauso wie in der Kundenkommunikation und am POS. Daran haben wir 2021 mit Hochdruck gearbeitet, Voraussetzungen geschaffen, und 2022 gehen wir in die Umsetzung“, so Rewe International AG-Vorstand Espen B. Larsen. Zu diesem Zweck nimmt das Unternehmen auch einiges an Geld in die Hand. Für die internationalen Märkte ist für heuer ein Investitionsvolumen von knapp einer Milliarde veranschlagt.
Apropos international: Nicht unterschlagen will ich in diesem Zusammenhang das Ergebnis des deutschen Mutterkonzerns. Der Gesamtumsatz der Rewe Group, zu dem auch die Umsätze aus Wiener Neudorf gezählt werden, stieg im Vorjahr um 2,5 Prozent von 74,6 auf 76,5 Milliarden Euro. Und weil vorhin von den Billa-Kaufleuten die Rede war, die heuer noch kommen sollen: In Deutschland sind die Selbstständigen die Kronjuwelen im Rewe-Portfolio. Sie haben sich nämlich erneut überdurchschnittlich positiv entwickelt. Das Geschäft der selbstständigen Rewe-Kaufleute bei unserem größten Nachbarn legte im Vorjahr noch einmal um 4,8 Prozent zu, nachdem es im Jahr davor bereits um 20,5 Prozent nach oben geschossen war.

Neue Männer und Frauen braucht das Land
Kehren wir zum Abschluss nach Österreich zurück. Der Gesamtbruttoumsatz (Handel und Touristik) der Rewe Group stieg mit einem Zuwachs von 1,54 Prozent auf 9,21 Milliarden Euro. Im Jahr davor waren es noch 9,07 Milliarden Euro gewesen. Insgesamt investierte das Unternehmen in Österreich 224 Millionen Euro und beschäftigte 45.338 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Und heuer? Eine der wichtigsten Fragen für das laufende Geschäftsjahr lautet: Wie finde ich das richtige Personal? „Die Corona-Pandemie hat unseren Arbeitsmarkt stark verändert. Dafür haben wir auch unser Recruiting noch schlagkräftiger aufgestellt, vor allem eine eigene IT-Recruiting Taskforce installiert“, sagt Rewe-Vorstand Christoph Matschke. Aktuell gibt es bei Rewe sage und schreibe 3.000 offene Stellen.