Brot & Gebäck

Auch in der Not gab´s weiter Brot

Ein Artikel von Johannes Lau | 22.06.2021 - 15:36
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A round loaf of freshly baked home-made bread with yeast. © Shutterstock

Im Corona-Jahr fehlte es meistens an vielem: Bewegung, Begegnungen, Bewirtung. Zumindest die Grundversorgung blieb stets intakt, sodass Produkte des täglichen Bedarfs auch weiterhin an die Frau und den Mann gebracht werden konnten – etwa Backwaren. Daher überrascht es nicht, dass Ölz als österreichischer Marktführer trotz der Krise auch im letzten Jahr gute Umsätze verzeichnen konnte: „Im Jahr 2020 setzte Ölz Waren im Wert von insgesamt 217 Millionen Euro um. Das entspricht einem Umsatzwachstum von 5,1 Prozent“, berichtet Geschäftsführerin Daniela Kapelari-Langebner. Den Grund für den Erfolg erklärt sie wie folgt: „Möglich war diese positive Entwicklung aufgrund der starken Nachfrage nach Ölz- Markenprodukten. Im Krisenjahr 2020 wurde der Vorteil von hochwertigen, verpackten SB-Backwaren von den Konsumenten besonders geschätzt. Wir erleben mehr denn je, dass vertraute Markenprodukte den Konsumenten Sicherheit geben.“ Aber nicht nur in Österreich ist Ölz gewachsen – auch im Ausland legte die Dornbirner Großbäckerei zu und erreichte im Vorjahr einen Exportanteil von 44 Prozent. Und wer so viel zu tun hat, braucht dafür viele Hände: „Der Personalstand befindet sich mit 945 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf dem höchsten Stand der Unternehmensgeschichte“, freut sich die Geschäftsführerin. Und das Kollegium soll noch weiter Zuwachs bekommen: Der bestehende Standort wird derzeit erweitert – dadurch sollen 120 weitere Arbeitsplätze geschaffen werden. Trotz Corona-Einschränkungen lief der Bau planmäßig, sodass wie im Voraus einkalkuliert ab Mitte 2022 erste Produkte in der neuen Bäckerei produziert werden sollen.

Lieferanten leben von Kunden
Bei Backaldrin dagegen hat sich die Pandemie bei den Geschäftszahlen schon deutlicher bemerkbar gemacht, bilanziert Geschäftsführer Harald Deller: „Der Umsatz im vergangenen Geschäftsjahr belief sich auf 158 Millionen Euro, Corona-bedingt fand ein Rückgang der Entwicklungen statt. Wir beobachten, dass sich die Lage in der Branche langsam entspannt, allerdings kann die Frage, wo wir 2021 liegen werden, noch nicht seriös beantwortet werden.“ Vor allem I klassische Brote wurden zuletzt vermehrt nachgefragt. Zudem habe man verstärkt auf Brote mit langer Frischhaltung gesetzt. Darüber hinaus hat man im vergangenen Jahr eine Solidaritätskampagne gestartet, um die Partner zu unterstützen: „Ein Lieferant lebt von seinen Kunden und wir müssen alle an einem Strang ziehen. Uns war es ein Anliegen, die Bevölkerung darauf hinzuweisen, dass der Bäcker ums Eck auch während der Corona-Krise täglich geöffnet hatte und frisches Brot und Gebäck herstellt.“ Nachgefragt wird dabei, was auch bereits vor der Pandemie besonders angesagt war: „Regionalität und Nachhaltigkeit spielen im Bewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten eine immer größer werdende Rolle. Da trifft es sich gut, dass wir seit jeher stark auf die Herkunft der Rohstoffe für unsere Produkte achten: Alles was in ausreichender Menge und Qualität im Land verfügbar ist, wird auch von heimischen Anbietern bezogen.“ Backaldrins Klassiker zum Beispiel – der Original-Kornspitz – besteht zu 92 Prozent aus österreichischen Zutaten. Wer heutzutage konsumiert, möchte häufig schließlich ganz genau wissen, was ein Produkt enthält: „Die Leute beschäftigen sich intensiv mit Lebensmitteln. Essen und Gesundheitsbewusstsein wachsen also immer stärker zusammen und die Nachfrage nach passenden Produkten im Brot-, Gebäck- und Feinbackwarenbereich muss beantwortet werden.“ Wo einen Corona ganz besonders getroffen hat, darauf weiß Deller aber jetzt schon eine Antwort: Die größten Einbrüche verzeichnete man aufgrund der einzelnen Lockdowns in den Tourismusgebieten, in der Gastronomie- und Hotelleriebranche und im Eventbereich. Jedoch bessere sich derzeit die Gesamtsituation stetig: „Mit den Lockerungen der letzten Zeit ist über alle Geschäftszweige hinweg langsam eine Entspannung der Lage zu bemerken.“

Veganer Vormarsch
Die lange Schließung hat sich auch bei Ströck bemerkbar gemacht. „Natürlich ist uns auch die Belieferung der Gastronomie/ Hotellerie weggebrochen. Die Gastronomie hat ja erst am 19. Mai wieder aufgemacht, den fehlenden Umsatz können wir heuer nicht mehr einholen“, klagt Juniorchef Philipp Ströck. Dennoch zeigt er sich zuversichtlich, dass sich die Lage nun bald wieder bessert: „Wir hoffen, dass wir uns langsam wieder in einem Aufwärtstrend befinden. Spannend wird der Herbst, wenn die Urlaubssituation vorbei, die Schulen und Unis geöffnet sind und auch wieder Touristen nach Wien kommen.“ Insgesamt habe man davon profitiert, dass das Unternehmen mehrere Standbeine habe: Im LEH habe Covid-19 Ströck nicht betroffen. Schwierigkeiten im Allgemeinen seien neben der Pandemie aktuell vor allem, geeignetes Personal zu finden und Bio-Rohstoffe das ganze Jahr über anbieten zu können: „Ganz stark auf dem Vormarsch ist das vegane Sortiment. Vegane Alternativen wie Fleischersatz in ausreichender Menge für all unsere Filialen zu bekommen, ist eine Herausforderung.“ Auch Philipp Ströck bemerkt, dass inzwischen die Kunden erstmal genauer hinsehen, bevor sie zugreifen. „Konsumentinnen und Konsumenten wollen genau wissen, woher ihr Gebäck stammt und was alles drinnen ist. Wir arbeiten hier höchst transparent und stellen die Qualität unserer Rohstoffe in den Mittelpunkt.“ Aber auch den Wunsch einer nachhaltigen Produktion erfülle man im Sortiment: So besteht Ströcks Bio-Wiederbrot zu einem Teil aus Brot vom Vortag und solchem, das aus der Überproduktion nicht in den Verkauf gelangt ist.

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Baguette in paper bag isolated on white background © Shutterstock

Frequenz fehlt noch
In Wien muss auch Ankerbrot Abstriche machen: „2019 lag der Umsatz der Ankerbrot- Gruppe bei 111,6 Millionen Euro. 2020 liegen wir mit 95 Millionen deutlich darunter“, rechnet Geschäftsführer Walter Karger vor. Im Filialgeschäft verzeichnete man ein Minus von durchschnittlich 20 Prozent. In Gastronomie und Hotellerie stand zeitweise ein Rückgang von bis zu 90 Prozent zu Buche. „Als Lieferant für die Gastronomie und Hotellerie waren wir natürlich stark betroffen, hier gab es für uns über viele Wochen und Monate – wie für viele andere auch – einen Totalausfall dieses Geschäftszweiges.“ Aber auch im LEH gab es ein Minus. „Grund war, dass sich das Konsumentenverhalten geändert hat. Es wurde mehr gekauft, aber es gab weniger Frequenz“, erklärt Karger. „Frische Produkte mit geringer Haltbarkeit litten darunter.“ Aktuell zeichnet sich aber durch das Ende des Lockdowns eine Erholung ab. Aber es ist immer noch Luft nach oben: „Nach wie vor ist die Frequenz natürlich nicht auf Vor-Corona-Niveau, es fehlen vor allem noch die Städtetouristen und auch Homeoffice hat sich bei vielen Firmen etabliert, was zu einer geringeren Frequenz in unseren Filialen führt.“ Karger hofft aber, dass sich das jetzt bald wieder ändert, wofür man bereits erste Anzeichen sieht: „Aktuell erleben wir wieder eine vorsichtig positive Entwicklung. Wir hoffen darauf, dass viele Gäste sich nun wieder einen Besuch in einem Lokal gönnen beziehungsweise auch wieder öfter einen Kaffee vom Barista, eine backfrische Jause oder ein gutes Frühstück genießen.“ Dennoch bleibe Corona und seine mittelfristigen Folgen nach wie vor das dominante Thema, das die gesamte Branche umtreibt. Und wie die Mitbewerber sieht auch Ankerbrot den Bedarf nach Bewährtem. Daher gräbt man nun auch in der Firmengeschichte: „Wir suchen oft nach alten Rezepten im eigenen Haus oder übersetzen gelernte Geschmäcker in moderne Produktformate.“ Und nicht bloß nur Vertrautes, auch bei Anker wollen die Kunden Regionales, was man aber auch zufriedenstellend anbieten könne: „Wir von Ankerbrot beziehen unsere Rohstoffe, soweit es nur irgendwie möglich ist, aus Österreich. Bei Mehl sind es 100 Prozent. Als Filialist heißt Regionalität für uns aber auch Präsenz vor Ort, in jedem Grätzel.“

Erbsen statt Avocado
Ein solcher Filialist, wenn auch mit einem weniger großen Netz, ist in der Bundeshauptstadt die Bäckerei Felzl. Für dieses Unternehmen war es ebenfalls ein turbulentes Jahr. Christina Ostermayer-Petrich, geschäftsführende Gesellschafterin, blickt zurück: „Unser Umsatz 2020 war aufgrund der Pandemie natürlich unter Budget, hat sich aber nach dem ersten Schock wieder erholt und wir konnten das Jahr auf Vorjahresniveau abschließen.“ Den Umsatzverlust der fehlenden Großkunden konnte Felzl durch eine im März 2020 neueröffnete Filiale beim Karmelitermarkt kompensieren. Dazu ergaben sich durch den Wegfall der Gastrobereiche in den Filialen geringere Personalkosten. Ohnehin habe sich besonders gezeigt, wie personalintensiv der Gastronomiebereich wirklich sei, der zudem gar nicht so große Umsätze bringe wie gedacht. Ins neue Jahr sei man nämlich wiederum sehr gut gestartet – bekanntlich ganz ohne Restaurantangebot: „Bis zur Öffnung der Gastronomie hatten wir Rekordumsätze in den Filialen – vor allem im Snack- und Patisseriebereich. Das hat sich jetzt im letzten Monat wieder auf ein normales Niveau eingependelt, dafür sind aber die Großkunden wie Restaurants und Feinkostläden zurück. Und dadurch, dass wir keine Stadthotellerie beliefern, sind die Umsätze fast wie vor der Pandemie.“ Preislich wird sich möglicherweise durch die Entwicklungen auf dem Rohstoffmarkt etwas ändern – davon wird Ostermayer-Petrich aber nicht bange: „Die Preise werden sicher noch ordentlich anziehen. Gute Lebensmittel bekommen endlich ihre Wertigkeit zurück. Da wir aber sowieso in einem guten Preissegment liegen und nicht billigst produzieren, ist das nicht dramatisch.“ Konkret zeigt sich das in der Produktion, wo Felzl auf wertige und regionale Produkte setzt, die nachhaltig und umweltschonend sind: So verwendet man Erbsenhumus anstatt Avocados und verzichtet auf Zuchtlachs. Daher sieht Ostermayer-Petrich Felzl gut aufgestellt und wartet, was die nächste Zeit – vor allem der Herbst – so bringt: „Alles in allem sind wir mit unseren guten Standorten sehr anpassungsfähig und können schnell reagieren. Herausforderungen halten uns am Laufen, fordern uns und unsere Kreativität.“