Schwerpunkt: Fertiggerichte & Convenience

Machen Sie es sich bequem

Ein Artikel von Johannes Lau | 02.12.2019 - 16:53
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Früher war im Leben sicher nicht alles besser, aber manches simpler: Die Mutter kochte für ihre Familie, die sich brav stets zur selben Zeit an der gedeckten Tafel einfand. Heute ist das völlig anders: Auch Mütter stehen voll im Berufsleben, Singlehaushalte nehmen zu. Und deshalb erfreuen sich Fertiggerichte und Convenienceprodukte großer Beliebtheit – mit steigender Tendenz: „Der Markt für Trockenfertiggerichte konnte im vergangenen Jahr ein zweistelliges Wachstum von rund 14 Prozent erzielen“, bilanziert Kerstin Haberfellner, Marketingmanagerin für den Bereich Nahrungsmittel bei Nestlé Österreich – Eigentümer der traditionsreichen Instant-Marke Maggi. Statt Brühwürfel und Packerlsuppe sind die Konsumenten aber inzwischen auf den exotischeren Geschmack gekommen: „Innerhalb der Trockenfertiggerichte ist das kontinuierliche Wachstum des Asia-Segments seit der Einführung der Maggi Magic Asia Snacks und der Maggi Magic Asia Cups besonders hervorzuheben.“ Allein im vergangenen Jahr sei der Umsatz im Asia-Bereich um 20 Prozent gestiegen. Laut Nielsen ist Maggi mit einem Marktanteil von 62 Prozent in dieser Produktkategorie klarer Tabellenführer. „Die Konsumentinnen und Konsumenten von heute sind auf der Suche nach Produkten, die mit ihrem aktiven Lebensstil mithalten können“, erklärt Haberfellner. Dennoch wollen die Konsumenten nicht einfach irgendetwas Sättigendes hinunterschlingen: „Mahlzeiten, die nur satt machen, waren gestern – Essen ist immer mehr Ausdruck der eigenen Persönlichkeit. Insbesondere bei einer jüngeren Zielgruppe ist ein gesteigertes Interesse an internationalen Küchen sowie die Lust, Neues auszuprobieren, feststellbar.“

Grünzeug in der Tasse

Dass im Instantregal derzeit beherzt zugegriffen wird, hat auch der große Mitbewerber festgestellt: So finden Produkte von Knorr reißenden Absatz, berichtet Gunnar Widhalm, Strategischer Leiter der Nahrungsmittelsparte von Unilever Austria: „Trockenfertiggerichte erfreuen sich immer größerer Beliebtheit. Knorr ist Marktführer in diesem wachsenden Markt und macht mit seinen diversen Subranges circa die Hälfte des Trockenfertiggerichtemarktes aus.“ Wachstums­treiber seien dabei vor allem die Instant Snacks, die Knorr mit zahlreichen Produkten im Snackbecher bedient, die nur durch die Zugabe von heißem Wasser zubereitet werden. „Dieser Trend wird getrieben durch die Urbanisierung, den Trend zum Konsum außer Haus und das immer häufigere Ersetzen ganzer Mahlzeiten durch Snacks.“ Als ungesundes Fast Food will er diese Produkte aber nicht gelten lassen und verweist vor allem auf die Linie der Knorr Veggie Snacks, mit der man vor allem die gesundheitsbewusste Jugend von heute ansprechen will: „Die Range spricht die Millennials an und bietet durch die Verwendung von modernen und veganen Kohlenhydraten wie Couscous, Quinoa und Bulgur eine ausgewogene und abwechslungsreiche Alternative zu den bisherigen Fertiggerichten.“

In dieses boomende Segment ist heuer auch eine einheimische Fertiggerichtegröße eingestiegen: Seit März bietet Felix mit seinen „Streetfood Cups“ ebenfalls drei Gerichte im Snackbecher an – wie es der Trend verlangt alle vegetarisch. „Der Einstieg in die neue Kategorie Trockenfertiggerichte im Becher war sehr erfolgreich“, freut sich Produktmanagerin Elisabeth Gruber. Schließlich sei man mit diesem Format ganz auf der Höhe des Zeitgeistes. Obwohl man aber nun rascher konsumiere, sehen die Kunden aber trotzdem inzwischen genauer hin – auch wenn sie zum schnellen Snack greifen: „Der Konsument legt auch im Segment Fertiggerichte zunehmend Wert auf Regionalität und transparente, saubere Rezepturen.“ Aber auch wenn Felix gerade erst im Becherbereich debütiert hat, ist das Traditionsunternehmen aus Mattersburg bekanntlich kein Neuling: Seit 60 Jahren produziert man dort bereits Fertiggerichte – die Klassiker im eta­blierten Feld der Nass-Fertiggerichte: Rindsgulasch, Gefüllte Paprika und Chili con Carne.

Die Stelze als Standbein

Diesen Bereich dominiert hierzulande aber ein anderer Mitbewerber – namentlich Inzersdorfer. „Mit einem Marktanteil von rund 65,7 Prozent konnte sich Inzersdorfer auch dieses Jahr als klarer Marktführer im Bereich ungekühlter Nass-Fertiggerichte behaupten“, verkündet Arno Szauter, stellvertretender Marketingleiter des Markeninhabers Maresi, stolz. „Auch im laufenden Kalenderjahr 2019 wächst Inzersdorfer um 3,7 Prozent. Im Jahr 2020 möchten wir das Wachstum im Bereich Fertiggerichte weiter ausbauen.“ Ein Selbstläufer sei das aber nicht, gerade den nachwachsenden, anspruchsvolleren jüngeren Konsumenten müsse man diese Produkte erst einmal schmackhaft machen: „Eine große Herausforderung besteht darin, diese neuen Produkte einer Zielgruppe näherzubringen, die bislang noch nicht in diesem Regal eingekauft hat. Leider ist das Fertiggerichtesegment oftmals mit Vorurteilen behaftet.“ Die firmeneigenen Produkte werden daher strengen internen und externen Qualitätskontrollen unterzogen. Zudem behält man die Rohstoffe auch dadurch im Blick, dass man sie aus nächster Nähe bezieht: „Wir arbeiten mit zertifizierten Produktionsbetrieben, die sich ausschließlich in Österreich befinden.“ Neben der Regionalität steht laut Szauter aber noch etwas hoch im Kurs: „Nach wie vor ist der Proteintrend allgegenwärtig.“ Inzersdorfer bedient beide Trends mit der Submarke „Pure Beef“: Ob Sugo, Aufstrich oder Fertiggericht – alle Artikel enthalten proteinreiches Rindfleisch ausschließlich aus Österreich.

Hochwertig zubereitetes Fleisch ohne großen Zeitaufwand auf den Tisch zu bekommen, diesen Konsumentenwunsch wollte auch Wiesbauer erfüllen: „Am Markt konnte der Trend festgestellt werden, dass immer mehr Konsumenten – obwohl sie wenig Zeit haben und keine Kochprofis sind – sich selbst, ihre Familien und Freunde mit Fleischspezialitäten von Spitzenqualität verwöhnen wollen“, erzählt Geschäftsführer Thomas Schmiedbauer. Daher bietet man nun seit 2017 unter dem Namen „Sous Vide“ vorgegarte Fleischspezialitäten an – bislang sehr erfolgreich: „Neben der Etablierung eines weiteren Standbeins stellen inzwischen die Sous-Vide-Spezialitäten einen kontinuierlichen Umsatzbringer sowohl für Wiesbauer als auch für die LEH-Kunden dar. Auch die Bilanz für das laufende Jahr sieht sehr erfreulich aus.“ Typische Fertiggerichte seien diese Gerichte aber nicht: Die Würzung und die Wahl der Beilagen bleibe den Konsumenten überlassen.

Mischbeutel statt Rohware

Der Begriff „Convenience“ ist ohnehin ein weites Feld: Unter diesem Begriff werden nicht nur Speisen aus Dosen und Mikrowellenschalen subsumiert, sondern etwa auch vorgefertigte Gemüsemischungen wie abgepackte Salatmischungen, die ebenfalls steigenden Absatz verzeichnen. „Früher wurden Obst und Gemüse vermehrt als Rohware eingekauft“, blickt Manuel Kropfmüller, Marketingleiter von Eisberg, zurück. „Da hat man Kopfsalat, Tomaten et cetera gekauft und daraus einen Salat gemischt. Heute bringen vorgefertigte Mischungen eine große Zeitersparnis – und durch die geringere Verwendung von Rohware wird weniger weggeschmissen.“ Dass dieses Segment boomt, zeigt auch die Investitionsbereitschaft der Schweizer Bell Food Group, die hinter Eisberg steht: Nach zwei Jahren Bauzeit wurde heuer in Marchtrenk ein neuer 24.000 Quadratmeter großer Produktionsstandort errichtet, in den man bislang 70 Millionen Euro gesteckt hat. Produkte von weiteren Bell-Marken wie Hilcona oder Huber sollen hier bald gefertigt werden, die Gemüseverarbeitung ist bereits in vollem Gange. Diese Großinvestition sei sehr gerechtfertigt, analysiert Kropfmüller: Insbesondere bei der Frischgemüseconvenience brauche es eine taugliche Infrastruktur: „Wir müssen den ganzen Prozess sehr effizient handhaben. Je mehr Stunden wir für die Verarbeitung brauchen, desto weniger Tage ist die Ware nachher haltbar.“

So viel Dampf ist bei Christoph Gallner nicht auf dem Kessel: Schließlich betreibt er sein Unternehmen Gernekoch im oberösterreichischen Niederneukirchen bisher nur zu zweit mit Co-Gründer Ernst Mayrbäurl. Derzeit schwingen die beiden den Kochlöffel noch im Nebenberuf, das aber bereits sehr fleißig: Rund 30.000 Fertiggerichte im Glas werde man laut Lackner bis Jahresende produzieren – nächstes Jahr wolle man die Produktion um 20 bis 30 Prozent steigern, aber nicht um jeden Preis: „Wir wollen nicht zwingend 100.000 Gläser im Monat produzieren. Qualität steht an oberster Stelle.“ Und die wird offenbar geschätzt, im Handel findet man bereits namhafte Abnehmer: Bisher beschränkt sich der Verkauf noch auf das heimische Bundesland, aber dort ist man bereits im Sortiment von Unimarkt vertreten und auch in einigen Spar-Märkten präsent. Convenience ist also offenbar inzwischen nicht nur ein Geschäft für die großen Multis, sondern auch für kleine Start-ups.