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Interview

So laufen die Umbauarbeiten bei Henkel

Ein Artikel von Wolfgang Zechner | 09.08.2023 - 12:34
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Birgit Rechberger-Krammer, Präsidentin von Henkel Austria und Corporate Senior VP Henkel Consumer Brands Europe, im KEYaccount-Interview. © helmut mitter

KEYaccount: Das Vorjahr stand bei Henkel im Zeichen der Veränderung. Die Zusammenlegung der Unternehmensbereiche Laundry & Home Care und Beauty Care zur neuen Einheit Henkel Consumer Brands wurde gestartet. Wie hat sich diese Reorganisation bisher bewährt?

Birgit Rechberger-Krammer:  Es läuft eigentlich erstaunlich gut und besser, als ich dachte. Wir haben das aus mehreren Gründen gemacht. Zum einen wollen wir durch die Bündelung des Vertriebs unsere Größe besser ausspielen. Zum anderen können wir im Zuge der Reorganisation auch unser Portfolio optimieren, um uns auf unsere Kernkategorien zu fokussieren. So haben wir etwa die Kategorien Gesichtspflege und Mundpflege verkauft – zwei sehr komplexe Kategorien, in denen wir auch nicht die entsprechende Innovationskraft hatten. Und: Natürlich haben wir die Zusammenlegung auch aus Gründen der Effizienz gemacht. In einem ersten Schritt haben wir Marketing und Vertrieb zusammengelegt, in einem nächsten Schritt werden wir auch die Supply Chain optimieren. Unser Ziel, das wir erreichen wollen, heißt: One order, one invoice, one delivery.

Wann erfolgt dieser nächste Schritt?

In den kommenden zwei Jahren. Das wird konzernintern eine riesengroße logistische Aufgabe. 

Henkel hat im Vorjahr zudem angekündigt, bis Ende 2023 weltweit rund 250 Millionen Euro einsparen zu wollen. Wird das gelingen?

Wir konnten im Vorjahr bereits 60 Millionen Euro einsparen. Die 250 Millionen werden wir auch in der ersten Phase erreichen. Im Zuge der Supply-Chain-Optimierung werden dann bis Ende 2025 noch einmal Einsparungen in der Höhe von 150 Millionen Euro dazukommen.

Bei Henkel wurden im Zuge der Zusammenlegung auch Jobs eingespart. Nun werden aber im Handel und in der Industrie aktuell Fachkräfte fieberhaft gesucht. Wie sieht die Situation bei Henkel aus?

Im Großen und Ganzen geht es uns in diesem Bereich relativ gut. Das hat mehrere Ursachen. Zum einen bilden wir im Facharbeiterbereich selbst Lehrlinge aus. Zum anderen arbeiten wir eng mit der Fachhochschule Wiener Neustadt und der WU Wien zusammen. Deshalb haben wir laufend circa 30 Praktikantinnen und Praktikanten im Haus. Das ist natürlich ein hervorragender Recruitment-Pool. Auch bieten wir interessante Incentives. Wir haben – Stichwort smart work – eine Homeoffice-Option von zwei Tagen pro Woche. Und: Wir bieten als globaler Konzern interessante internationale Karrieremöglichkeiten. 

Themenwechsel: Die Preisdebatte hat in den vergangenen Monaten die ÷ffentlichkeit bewegt. Waschmittel gehören traditionell zu den am meisten rabattierten Produkten im Handel. Wie zufrieden sind Sie mit den aktuellen Preisen im LEH und DFH?

Wir waren mit den Preiserhöhungen relativ spät dran. Die Preise der Handelsmarken sind viel früher gestiegen. Wir haben nun aber relativ große Preiserhöhungen durchsetzen müssen. Trotzdem finde ich, dass die Preise in Österreich in einem akzeptablen Ausmaß nach oben gegangen sind. Aber haben wir uns bereichert? Da muss ich ganz klar sagen: Nein. Wir sind bei Weitem nicht bei der Marge, die wir in der Zeit vor der stark steigenden Inflation hatten.

Wie hat sich die Inflation auf Ihre Produktionskosten niedergeschlagen?

Wir haben natürlich stark gestiegene Energie- und Lohnkosten. Gerade bei den Lohnkosten finde ich, dass sich Österreich mit den hohen Kollektivvertragsabschlüssen keinen Gefallen getan hat. Ich halte das sogar für den Wirtschaftsstandort brandgefährlich. Aber im Unterschied zu vielen anderen Betrieben kommt bei uns noch ein anderer Faktor hinzu. In der Corona-Zeit haben unsere Lieferanten, chemische Produzenten wie BASF, ihre Kapazitäten heruntergefahren und seither nicht mehr aufgerüstet. Das liegt vor allem daran, dass der Green Deal der EU diese Unternehmen dazu verpflichtet, künftig mehr in nachwachsende Rohstoffe zu investieren.  Die Folge ist eine steigende Nachfrage nach herkömmlichen Chemikalien, was wiederum dazu führt, dass die Preise nicht mehr auf das Niveau von vor 2020 zurückgehen.

Ich möchte noch einmal auf die von Ihnen erwähnten Lohnabschlüsse zurückkommen. Warum halten Sie diese eigentlich für brandgefährlich?

Weil ein Plus von zehn Prozent bei den Lohnabschlüssen im Europavergleich zu hoch ist. In Osteuropa haben wir zwar ähnlich hohe Lohnabschlüsse, nur herrscht dort ein ganz anderes Lohn- und teilweise Inflationsniveau. Der Produktions- und Administrationsstandort Österreich kann so eine Erhöhung einmal wegstecken. Aber Dauerlösung kann das keine sein.

Wenn ich Sie richtig verstehe, könnte also eine Politik, die derartige Lohnabschlüsse verantwortet, dazu führen, dass etwa der Standort Wien konzernintern infrage gestellt wird.

Ja, das glaube ich schon.

Und abgesehen von den Lohnabschlüssen: Investieren Sie auch in den Standort Wien?

Wir haben in Wien gerade fünf Millionen Euro in eine neue Anlage investiert. Sie macht es möglich, Polyethylen-Recyclingmaterial in unseren Persil-Flaschen, die vorher aus Polypropylen waren, einzusetzen. Österreich war daher in den vergangenen zwei Jahren ein Testmarkt, ob Konsumentinnen und Konsumenten den dafür notwendigen Umstieg von transparenten PP-Flaschen auf weiße PE-Flaschen akzeptieren. Das hat sehr gut funktioniert. Nun können wir auch für Persil-Flaschen Recyclingmaterial einsetzen.

Kommen wir noch einmal zurück zur Teuerung: Wer sind aus Ihrer Sicht die Hauptverantwortlichen für die im Europavergleich sehr hohe Inflation in Österreich?

Raiffeisen Research hat das zuletzt sehr eindrücklich aufgeschlüsselt. Verantwortlich sind zum einen die Energiekosten und zum anderen die Dienstleistungen. Das merkt ja jeder, der ins Restaurant geht. So fällt zum Beispiel in Österreich der Tourismus als Inflationstreiber dreimal stärker ins Gewicht als in Deutschland.

Letzte Frage: Die Eigenmarken der Händler sind dank der Teuerung auch im Non-Food-Bereich auf dem Vormarsch. Mit welchen Produktinnovationen wollen Sie in den kommenden Monaten hier gegensteuern?

Wie bereits erwähnt sind die steigenden Energiekosten ein riesiges Verbraucher-Thema. Das schlägt sich auch auf unsere Produkte nieder, wo wir etwa bei Waschmitteln den Anwendungsfokus auf niedrigere Temperaturen legen. Im Beauty-Bereich geht der Trend zum einen in Richtung Convenience, wie etwa beim neuen Gliss Night Elixier, das über Nacht wirkt und das Haareausspülen am Morgen obsolet macht.  Zum anderen setzen wir auf Produkte, die man als den kleinen Luxus für zu Hause bezeichnen könnte, wie zum Beispiel Augenbrauen-Stylings oder Haar-Glossings.