Lebkuchen

Ein Herz für Lebkuchen

Ein Artikel von Angelika Kraft | 03.11.2021 - 10:53
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Heart shape ginger breads decorated with pink and white sugar glazing © Shutterstock

Die Beziehung zwischen mir und Lebkuchen hatte keinen leichten Start. Von „Liebe auf den ersten Blick“ konnte jedenfalls keine Rede sein. Meine erste Begegnung mit Lebkuchen hatte ich als kleines Kind auf dem Christkindlmarkt, als mir mein Opa eines dieser typischen Herzerl schenkte, was er – angefeuert von meiner kindlichen Begeisterung – ab dann jedes Jahr aufs Neue tat. Ein großes Herz mit einem lustigen Spruch aus bunter Zuckerglasur, eingepackt in durchsichtiges Zellophanpapier, baumelte also alljährlich zur Weihnachtszeit um meinen Hals. Als in meinem Kinderzimmer dann schon einige dieser Lebkuchenherzen hingen, überwand ich mich eines Tages und opferte eines davon meinem Hunger nach Süßem. Die Vorfreude war groß, immerhin waren diese Geschenke von Opa etwas ganz Besonderes. Umso größer war die Enttäuschung, dass der Lebkuchen richtig scheußlich schmeckte. Die Sorge, ob in Pfefferkuchen tatsächlich Pfeffer steckte, tat ihr Übriges und so verbannte ich Lebkuchen für viele Jahre in die Kategorie „Schmeckt nicht, ess´ ich nicht“.
Erst viel später fand ich das selbst geschriebene Rezeptbüchlein meiner Schwieger-Oma, in der sich unter anderem eine Anleitung zur Herstellung von Lebkuchen befand. Unter diesen Voraussetzungen wollte ich dem ungeliebten Backwerk doch noch eine Chance geben und – siehe da! – es zahlte sich aus. Wunderbar aromatisch, intensiv würzig und traumhaft flaumig fand in meinem Mund eine wahre Geschmacksexplosion statt. Und so ist seither der Lebkuchen ein Pflichtgast auf meinem weihnachtlichen Kekserlteller geworden.

Pfeffer im Pfefferkuchen?
Spannend ist auch, wie der Lebkuchen überhaupt zu seinem Namen beziehungsweise zu seinen Namen kam. Der Lebkuchen kommt nämlich gerne unter diversen Pseudonymen daher. Lebkuchen, Pfefferkuchen, Honigkuchen, Printen, Zelten oder aus dem Englischen: Gingerbread – alle diese Begriffe meinen im Wesentlichen das Gleiche.
Woher zum Beispiel der Name „Lebkuchen“ ursprünglich stammt, ist nicht ganz geklärt. Bereits aus dem 13. Jahrhundert gibt es Aufzeichnungen von „Lebekuoche“. Während der zweite Teil des Wortes ganz klar für Kuchen steht, könnte die Vorsilbe aus dem mittellateinischen libum (Fladen) oder vom mittelhochdeutschen leip (Brot) stammen. Aus diesen Deutungsmöglichkeiten ergäben sich die Übersetzungen Fladen- oder Brotkuchen. Noch verwirrender ist die in Deutschland gebräuchliche Bezeichnung „Pfefferkuchen“. Steckt denn tatsächlich Pfeffer in der eigentlich süßen Bäckerei? Schauen wir uns die typischen Lebkuchengewürze einmal genauer an: Anis, Fenchel, Gewürznelken, Ingwer, Kardamom, Koriander, Muskat, Piment und Zimt. Hm … Kein Pfeffer! Woher dann also der Name „Pfefferkuchen“? Nun ja, das ist ganz einfach erklärt, denn früher im Mittelalter wurden Gewürze ganz allgemein als Pfeffer bezeichnet. That's it. Ebenfalls charakteristisch für Lebkuchen ist, dass sie viel Süßes enthalten, meist handelt es sich hier um Honig – daher auch die Bezeichnung „Honigkuchen“. Dazu kommen noch Mehl, Eier und Nüsse. Butter kommt im Vergleich zu anderem Weihnachtsgebäck überhaupt nicht vor. Durch die trockene und zuckerreiche Beschaffenheit bleibt Lebkuchen lange haltbar. Das war auch einer der Hauptgründe, warum Lebkuchen früher oft in Klöstern gebacken und in schlechten Zeiten von den Mönchen an die hungernde Bevölkerung verteilt wurde.

Von Printen, Herzen und Elisen
Grundsätzlich unterscheiden wir zwischen zwei Arten von Lebkuchen: Brauner Lebkuchen besteht aus einem knetbaren Teig aus viel Mehl, Honig und Eiern. In diese Kategorie fallen zum Beispiel Printen, Dominosteine und Lebkuchenherzen. Die zweite Gruppe, die Oblatenlebkuchen, werden aus einer weichen, mehlarmen oder mehlfreien Masse hergestellt, die auf Oblaten gespritzt wird. Die bekanntesten Oblatenlebkuchen sind die Elisenlebkuchen, zu denen es eine schöne Geschichte gibt: Ein Lebküchner aus Nürnberg soll seine schwer kranke Tochter geheilt haben, indem er Lebkuchen backte, die kein Mehl, sondern nur die hochwertigsten Gewürze enthielten. Als die Tochter diese aß, wurde sie wieder ganz gesund. Da das Mädchen Elisabeth hieß, nannte man die neue Kreation Elisenlebkuchen. Auch heute erhalten Lebkuchen diesen Namen nur, wenn sie weniger als zehn Prozent Mehl enthalten, dafür aber mindestens 25 Prozent Nüsse und dem höchsten Qualitätsstandard entsprechen.

In der Weihnachtsbäckerei
Für unsere große Lebkuchen-Verkostung haben wir Produzenten gebeten, ihre Produkte bei uns einzureichen. Dieser Aufforderung sind zahlreiche Hersteller gefolgt: Dutzende Lebkuchen fanden sich in unserer Redaktion ein und wurden in einer Blindverkostung auf Optik, Geruch und Geschmack getestet und mit maximal fünf Sternen bewertet.
Welche Lebkuchen bei unserer Verkostung besonders gut abgeschnitten haben, lesen Sie auf dieser und der folgenden Seite. Bleibt nur noch die Frage zu klären, wie man möglichst lange etwas vom Lebkuchen hat: Lagern Sie Lebkuchen immer kühl (bei maximal 18 Grad) und in verschließbaren Behältern. Wenn Sie eine Apfelscheibe dazulegen, bleibt der Lebkuchen nicht nur schön weich, sondern erhält auch gleichzeitig ein fruchtiges Aroma. Die Apfelstücke müssen Sie aber alle paar Tage auswechseln, damit sie nicht schimmeln. Übrig gebliebenen Lebkuchen können Sie übrigens super zu Bröseln verarbeiten. Diese schmecken wunderbar auf Obstknödeln und Schupfnudeln.

Die Verkostung
Für die Verkostung haben wir Produzenten gebeten, ihre Produkte bei uns einzureichen. In einer Blindverkostung wurde jeder Lebkuchen auf Optik, Geruch und Geschmack getestet und mit maximal fünf Sternen bewertet.

Die Jury
- Angelika Kraft: Verkostungsleiterin, Sommelière und Diplom-Kaffeesommelière
- Elisabeth Cvach: HLF-Absolventin
- Erich Schöller: Sommelier, Sparkling Wine-Sommelier und Diplom-Biersommelier
- Johanna Wiktorin: Genießerin
- Mario Witti: Diplom-Kaffeesommelier

Die Ergebnisse der großen Lebkuchen-Verkostung finden Sie in der aktuellen Ausgabe von KEYaccount.