Nachhaltigkeit

Warum es wichtig ist, ...

Ein Artikel von Wolfgang Zechner | 19.07.2021 - 11:09
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cow family toy. cow toy © Shutterstock

Woher kommt ein Produkt? Und welche Verarbeitungsschritte durchläuft es, bis es bei den Konsumentinnen und Konsumenten ankommt? Das sind Fragen, die GS1 Austria-Geschäftsführer Gregor Herzog seit Jahren begleiten. Nun hat das Thema durch die Corona-Pandemie noch einmal Auftrieb erhalten, denn immer mehr Menschen wollen wissen, woher ihre Lebensmittel kommen. Für den Chef der wichtigsten Datendrehscheibe in der heimischen FMCG-Branche ist die Frage der Rückverfolgbarkeit auch eine Frage des wirtschaftlichen Erfolgs. Wer die Herstellungskette seines Produkts lückenlos abbilden kann, wird künftig ein sehr gutes Verkaufsargument mehr besitzen. Und: War Rückverfolgbarkeit bisher ein Thema, das vor allem das Fleisch- und Fischsortiment im Handel betroffen hat, so wird es seit heuer für den gesamten Frischebereich wichtig. „In Österreich wird im Bereich Obst und Gemüse darüber immer stärker nachgedacht und international wird die Rückverfolgbarkeit auch bei Mopro-Produkten immer mehr ein Thema“, so der GS1 Austria-Geschäftsführer. 

Neue Wege bei Textilien
Manchmal, etwa beim Thema Rückverfolgbarkeit, lohnt sich auch ein Blick über den FMCG-Tellerrand: Ein gänzlich neuer Aspekt in Sachen Rückverfolgbarkeit etwa ist für Herzog die Querverbindung zur Kreislaufwirtschaft. Dabei geht es darum, dass in zahlreichen Kategorien versucht wird, Produkte länger im Kreislauf zu halten. Um das zu erreichen, muss man wissen, wo das Produkt hergestellt und weiterverarbeitet wird. Herzog: „Die EU arbeitet aktuell an einem Produkt- Pass für Industrie-Batterien, für Unterhaltungselektronik und für Textilien.“ Dazu muss man einiges wissen über das Produkt. Herzog: „In einem Pass für Batterien sind alle Komponenten des Produktes aufgeführt und wo beziehungsweise wie sie produziert wurden. Man kann dadurch die einzelnen Komponenten besser weiterverwerten und so die Lebenskreisläufe von Materialen verlängern.“ Aber auch in der Textilindustrie würde man so interessante Fragen abdecken können, sagt Herzog: „Wo kommt die Baumwolle her? Ist sie nachhaltig verarbeitet worden? Da geht es zum einen um Umweltfragen, aber auch um soziale Fragen.“ Künftig werde man dank der Rückverfolgbarkeit – etwa in Deutschland dank des Lieferkettengesetzes – die großen Bekleidungskonzerne juristisch belangen können, wenn sie zum Beispiel Kleidung mit Kinderarbeit in Bangladesch herstellen lassen, so Herzog. 

Wie tief geht man?
Doch zurück zu Lebensmitteln. Gerade im zuletzt so gebeutelten Gastrogroßhandel gewinnt das Thema immer stärker an Bedeutung. Das liegt auch daran, dass laut Regierungsprogramm Herkunftsangaben künftig auch in der sogenannten Gemeinschaftsverpflegung (inkludiert Krankenhäuser, Mensen, Kantinen usw.) verpflichtend kommen sollen. Wann das sein wird, steht freilich noch nicht fest. Es existiert nur eine Absichtserklärung. GS1 Austria arbeitet in diesem Bereich seit einiger Zeit sehr stark mit Metro und AGM zusammen. Auf Produzentenseite zählt GS1 Austria aber auch die verarbeitende Industrie zu ihren Kunden. „Wir arbeiten zum Beispiel mit einem großen Hersteller von Tiefkühl- Apfelstrudel zusammen. Der will wissen, woher die Äpfel kommen, die er verarbeitet – und will das auch ganz genau belegen können“, so Herzog. Einziges Problem: Die Konsumentinnen und Konsumenten fokussieren sich bei der Herkunft auf bestimmte Produktkategorien, wie etwa Frischfleisch. Wo hingegen die Zutaten für eine Tiefkühlpizza herkommen, scheint für den Großteil der Bevölkerung noch uninteressant zu sein. Prinzipiell gilt laut Herzog: Je stärker verarbeitet ein Produkt ist, desto komplexer wird der Prozess der Rückverfolgbarkeit. „Außerdem stellt sich die Frage: Wie tief will ich bei der Rückverfolgbarkeit gehen? In den meisten Fällen konzentriert man sich dann auf die Herkunft der Primärzutaten. Interessant ist also, woher das Fleisch fürs TK-Schnitzel kommt. Wo aber die Brösel für die Panier herkommen, wird in der Regel nicht erhoben“, führt der GS1 Austria- Chef aus. Nachsatz: „Es ist halt immer die Frage: Was wollen die Konsumentin und der Konsument?“ 

Rückverfolgbarkeit à la carte
Prinzipiell bietet GS1 Austria laut Herzog „Rückverfolgbarkeit à la carte“ an. Konkret hat GS1 Austria drei Lösungen mit unterschiedlichen Schattierungen im Sortiment. „Wenn ich zum Beispiel ein Produkt erzeuge, bei dem ich immer dieselbe Milch vom selben Bauern verwende, dann kann ich das mit unserem Stammdaten- Service GS1 Sync erledigen. Dort steht dann in einem Feld, dass Milch aus Österreich verwendet wird.“ In einer zweiten Ausbaustufe bietet GS1 Austria chargenabhängige Rückverfolgbarkeit an. Herzog: „Nehmen wir an, ich stelle ein Produkt her, für das ich Haselnüsse auf dem Weltmarkt zukaufen muss. Welche Chargen ich aus welchen Ländern zu welchem Zeitpunkt kaufe, kann ich dann im elektronischen Lieferschein DESADV anführen.“ Und die dritte und höchste Ausbaustufe in Sachen Rückverfolgbarkeit ist GS1 Trace. „Wenn ich nicht die Charge, sondern das individuelle Stück Fleisch rückverfolgen will, dann ist das die genaueste und detaillierteste Methode, bei der die gesamte Supply Chain abgebildet werden kann. Mithilfe von GS1 Trace weiß ich also nicht nur, wo das Schweinderl herkommt, sondern auch, wo es geschlachtet, zerlegt und weiterverarbeitet wurde.“ 

Vergangenheit und Zukunft
Und wie wird GS1 Trace bei den Herstellerinnen und Herstellern angenommen, wollen wir vom GS1 Austria-Geschäftsführer wissen. Herzog: „Im Fleischbereich ist es durchaus ein Wettbewerbsthema. Rewe garantiert zum Beispiel, dass ihr gesamtes Geflügel-Sortiment aus Österreich kommt, bei Billa gilt die 100-Prozent-Österreich-Garantie sogar mittlerweile für das gesamte Frischfleisch- Sortiment. Das machen sie, weil sie glauben, dadurch einen Wettbewerbsvorteil zu haben. Metro geht noch tiefer und setzt GS1 Trace bei Fleisch ein.“ Die Frage, ob Tracing ein wichtiges Zukunftsthema ist, beantwortet Herzog mit einem klaren Ja. „Wir merken, dass die Politik sich dem Thema Herkunft immer stärker annimmt und wollen antizipieren, was unsere Kundinnen und Kunden in Zukunft brauchen.“ Was bleibt, ist eine interessante Erkenntnis: Zukunft ist, wenn man in die Vergangenheit eines Produkts blickt. 

www.gs1.at/herkunft-rueckverfolgbarkeit