KEYACCOUNT 12-13/2020 - SCHWERPUNKT: ESSIG, ÖL, SAUERGEMÜSE 

Die Heimat ist schwer gefragt

Ein Artikel von Johannes Lau | 20.07.2020 - 13:41
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Die Zeiten sind derzeit traurig, aber sauer soll ja lustig machen. Vielleicht ist Essig deshalb gerade so gefragt. Jedoch ist in Wirklichkeit die Erklärung wohl eine andere. Durch die Pandemie und den Lockdown hat sich eben das Konsumverhalten verändert, analysiert Jürgen Brettschneider, Geschäftsführer von Mautner Markhof: „Zurzeit wird in Österreich wieder deutlich mehr zu Hause gekocht. Das können wir sowohl an unseren Produkten im Einzelhandel sehen als auch an den Größen, die gekauft werden.“ So ließen sich die Einbußen im Gastronomiegeschäft durch überproportional gute Verkäufe im Einzelhandel zum Teil kompensieren. „Wir konnten zusätzliche Produktionskapazitäten schaffen, indem wir die Produktion von den Gastrogebinden auf Größen für den Einzelhandel umgeschichtet haben. Jetzt bleibt abzuwarten, wie sich die Geschäfte weiterentwickeln.“ Im Vorjahr liefen die noch sehr gut: „Mit dem Jahr 2019 sind wir durchaus zufrieden.“ Ein wichtiger Motor war das Exportgeschäft, wo Mautner Markhof zweistellig zulegen konnte und nun eine Exportquote von 20 Prozent vorweisen kann. Und wenn das Geschäft wächst, muss es auch der Betrieb tun. Aber Brettschneider sieht sich für die kommenden Jahre gut gerüstet: „Eine hochmoderne Verpackungsanlage, eine neue Palettieranlage und neue Acetatoren für die Essigproduktion verschaffen uns zukünftig ein hohes Maß an Flexibilität.“

Verspätete Ernte

Essig braucht man auch zum Einlegen von Sauergemüse. Mit Staud’s findet man eine hierzulande in diesem Segment etablierte Marke auf der anderen Seite der Hauptstadt im 16. Gemeindebezirk. Auch hier blickt man positiv auf die letzte Bilanz zurück: „Wir sind mit der Entwicklung sehr zufrieden. Es ist spürbar, dass der Trend hin zu mehr Qualität bei einem an sich einfachen Produkt geht“, berichtet Geschäftsführer Jürgen Hagenauer. Daran habe auch die Krise nichts geändert – im Gegenteil: „Dieses Bewusstsein wurde durch die aktuellen Ereignisse nochmals verstärkt.“ Man sei daher freudig gespannt, ob der Kundenwunsch von regionalen Produkten weiter im Bewusstsein der Konsumentinnen und Konsumenten verankert bleibe. Solange diese Nachfrage aber bestehe, müsse man sich weiter anstrengen, das entsprechende Angebot zu bieten. Im Blick darauf stellt einen derzeit das Wetter vor Herausforderungen: „Unsere Hauptproduktionszeit startet aufgrund der intensiven Niederschläge erst jetzt.“ Durch den Klimawandel steigt eben das Risiko – weshalb immer mehr Landwirte aufgeben. Dem versuche Staud’s aber entgegenzuwirken: „Unserer Seite geht es auch darum, finanzielle Risiken abzuschätzen und Ängste zu nehmen, also nicht nur wirtschaftliche, sondern auch emotionale Stütze für unsere landwirtschaftlichen Partner zu sein.“ Das sei vor allem in der aktuellen Krise gelungen, freut sich Hagenauer: „Wir haben beobachtet, dass man trotz des Social Distancing in Krisenzeiten näher zusammenrückt. Das ist etwas sehr Positives, was wir aus dieser Zeit mitnehmen können.“

Wachsende Flächen

Auch Mitbewerber Felix lobt seine Partner, mit deren Hilfe man schon 2019 aber auch jetzt eine hohe Nachfrage von Gurken und Salaten befriedigen konnte: „Die Zusammenarbeit mit unseren Partnern hat für Felix einen hohen Stellenwert und wurde in den letzten Monaten nochmals intensiviert, um gemeinsam die neuen Herausforderungen zu meistern“, blickt Elisabeth Gruber, Senior Product Group Manager, zurück. Ein Selbstläufer sei das aber nicht: „Die aktuellen Ereignisse stellen sowohl unsere Lieferanten als auch uns vor Herausforderungen. Zum einen war die Sicherstellung der Versorgung eine Herausforderung, die dank desm überragenden Einsatzes der Mitarbeiter bewältigt werden konnte. Zum anderen sind die Kosten entlang der gesamten Wertschöpfungskette gestiegen.“

Eine Steigerung hat auch Rapso in der Produktion registriert, aber eine positive: Die Anbaufläche der circa 800 österreichischen Vertragsbauern wurde von 6.000 Hektar auf 6.500 Hektar ausgebaut. Und im deutschen Markt konnte man seinen Marktanteil leicht auf 3,6 Prozent steigern. Ohnehin kommt man auf eine Exportquote von starken 75 Prozent. Im heimischen Markt steht man noch etwas besser als in Deutschland da: Mit 9,1 Prozent stellt der Marken-Inhaber VOG laut Nielsen das stärkste Öleinzelprodukt im österreichischen Lebensmittelhandel. „Im Jahr 2019 wurden circa 14,6 Millionen Standardeinheiten verkauft“, rechnet VOG-Vorstandsvorsitzender Walter Holzner vor. Dieses Niveau will man nun erst einmal halten, sodass heuer keine Expansion ansteht. Holzner: „2020 ist keine Großinvestition geplant, es werden alle notwendigen Ersatzinvestitionen und Instandhaltungen durchgeführt.“

Bleibende Ziele

Die Konkurrenz baut dagegen aus – nämlich VFI, Markeninhaber unter anderem von Bona und Kronenöl: Mit dem Geschäftsjahr 2018/19, einem der besten in der Unternehmensgeschichte, führt man die positive Firmenentwicklung fort und investiert daher, wie Geschäftsführer Wolfgang Ahammer sagt: „Aufgrund der erfolgreichen Vorjahre haben wir Investitionsentscheidungen für den Ausbau unserer Ölmühle in Ennsdorf getroffen. Diese sind ebenso bereits in Umsetzung wie weitere Modernisierungen und der Ausbau der Abpackungskapazität in Wels.“ Daran solle einen auch die Pandemie nicht hindern, vor der man sich wirtschaftlich nicht schreckt: „Natürlich spüren wir auch die Auswirkungen der Corona-Krise. Mittelfristig halten wir allerdings an unseren Wachstumszielen fest.“ Die Rückgänge in der Gastronomie konnte man nämlich im LEH sowie durch die Gewinnung neuer Exportkunden auffangen – daher wird VFI womöglich die Exportquote von 55 Prozent in diesem Jahr noch einmal steigern. Aber nicht nur Corona setze einen unter Druck, da alte Probleme bestehen bleiben: „Wir sind praktisch jedes Jahr mit neuen regulatorischen Herausforderungen konfrontiert, von der Herkunftskennzeichnung der Primärzutat bis hin zu neuen Recyclingquoten. So sinnvoll all diese Initiativen sein mögen, so ist es doch für mittelständische Unternehmen eine Herausforderung, diesen Anforderungen nachzukommen.“ Völlig geschmiert läuft es also nicht.