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Kommt der harte Schnitt?

Ein Artikel von Johannes Lau | 06.02.2020 - 07:00
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Spätestens zum Jahresende soll ein neues Abkommen ausverhandelt sein. Bis dahin bleibt es aber erst einmal beim unsicheren Status quo.

Es ist also doch noch passiert: Nach dreieinhalb Jahren zäher Verhandlungen mit der EU, aber auch erbitterter Kämpfe im eigenen Parlament ist seit vergangenem Jahr der Abschied der Briten aus der EU endgültig Tatsache. Vorerst ändert sich dadurch aber noch nicht viel: Bis Ende 2020 gilt eine Übergangsfrist. Großbritannien ist zwar in keinem EU-Gremium mehr vertreten, gehört aber vorerst weiterhin der Zollunion und dem europäischen Binnenmarkt an. Daher geht es erst einmal weiter wie bisher – schließlich hat sich auch in den letzten drei Jahren nicht viel getan.

Ein wesentlicher Faktor, der aber den Handel Großbritanniens mit seinen europäischen Partnern in der jüngsten Vergangenheit geprägt hat, sei die Unsicherheit gewesen, sagt Harald Oberhofer vom Institut für Internationale Wirtschaft der Wirtschaftsuniversität Wien: „Es war für Unternehmen schwierig, mittel- und langfristige Beziehungen zu planen, weil man nicht wusste, unter welchen Bedingungen der Austritt passiert.“ Das war vor allem auf der Insel ein Problem: Britische Unternehmen hielten sich mit Investitionen zurück und büßten an Wettbewerbsfähigkeit ein.

Die Zeit reicht nicht

Die nächsten elf Monate wird es nun darauf ankommen, ob beide Seiten ein gewinnbringendes Nachfolgeabkommen für den gemeinsamen Handel verhandeln oder ob es zum „Hard Brexit“ ohne Vereinbarung kommt. Oberhofer: „Alle ökonomischen Studien sagen, dass der Schaden umso geringer bleibt, je mehr man sich weiter inte­griert und je stärker Großbritannien am Binnenmarkt beteiligt ist.“ Der Ökonom ist aber skeptisch, ob bereits zum Jahresende eine tragfähige Vereinbarung getroffen werden kann. Dafür reiche die Zeit eigentlich nicht: Für ähnliche Handelsabkommen der EU mit anderen Staaten habe man Jahre gebraucht.

Ausschöpfen, was geht

Auch bei der Wirtschaftskammer hält man den Zeitplan für sehr ambitioniert: „Wir sind skeptisch, ob die Zeit reichen wird“, sagt Lisa Rilasciati von der Abteilung Europapolitik. Ein Austritt ohne Abkommen wäre aber auch nicht im Sinne der österreichischen Wirtschaft. Daher wäre es laut Rilasciati sinnvoll, wenn es nochmal zu der vertraglich möglichen Verlängerung der Übergangsphase um zwei Jahre kommt, um länger verhandeln zu können. „Es wäre im Interesse der Wirtschaft, dass man das ausschöpft.“ Da man aber derzeit nicht weiß, was kommt, sei es schwer, sich konkret vorzubereiten. Rilasciati: „Ich würde raten, die politische Lage zu beobachten und zu schauen, ob die Übergangsphase verlängert wird und was das neue Abkommen bringt.“ Das heißt für die österreichische Wirtschaft also erst einmal: Weiter abwarten und Tee trinken.

Informationen zum Brexit

Die Wirtschaftskammer beantwortet Fragen zum Brexit unter der Telefonnummer: 05909005590 und unter brexit@wko.at