Schwerpunkt: Trends

Grün und gesund ins neue Jahrzehnt

Ein Artikel von Johannes Lau | 24.01.2020 - 11:18
08_shutterstock_1180768330.png

© shutterstock.com

Alles neu macht die Zwei? Das bleibt noch abzuwarten – im LEH hört man nämlich, dass die Konsumtrends in kommender Zeit erst einmal bestehen bleiben. Auch das Ausmaß der Digitalisierung im stationären Handel ist noch nicht abzuschätzen.

Eine Dekade ging gerade zu Ende – was mag die Zukunft für den Handel bringen? Zu Beginn 2020 hat sich KEYaccount dazu im LEH umgehört. „Trends für die nächsten Jahre zu erkennen, ist schwierig“, räumt Alessandro Wolf, der neue Vorsitzende der Geschäftsleitung von Lidl Österreich, ein. Trotz des digitalen Wandels werde es aber nicht zu einer umfassenden Revolution kommen: „Auch wenn die Digitalisierung die Phantasie anregt: In jedem Fall kommt im stationären Lebensmittelhandel den Mitarbeitern in der Filiale weiterhin eine entscheidende Rolle zu.“ Neue technische Möglichkeiten werden das bestehende Geschäft aber zunehmend unterstützen – in Form von Self-Scanning-Kassen, digitalen Preisschildern oder der Digitalisierung in der Verwaltung.

Auch die voranschreitende Regionalisierung des Sortiments wird in den 2020er-Jahren ein Thema sein: „Was unsere Lebensmittel betrifft, bleibt ein klarer Trend ‚Frische aus Österreich‘.“ 350 Millionen Stück pro Jahr – also knapp die Hälfte – aller Lebensmittel bei Lidl stammen von österreichischen Lieferanten. Nach einer intensiven Expansion in Österreich im Verlauf der vergangenen zwei Jahrzehnte seit dem Markeintritt 1998 will man in Zukunft etwas auf die Bremse treten – was aber keine Stagnation bedeuten soll, betont Wolf: „Mit unserem heutigen Filialnetz sind wir für kommende Herausforderungen gut aufgestellt. Es gibt zwar immer Luft nach oben, aber durch die ex­treme Verdichtung ergeben sich neue Rahmenbedingungen in Österreich, deshalb werden wir in Zukunft selektiver als bisher vorgehen, was die Auswahl von Standorten betrifft. Das Expansionstempo wird sich also dem Markt anpassen.“

Auch Fleischesser denken nach

Bei Spar will man ebenfalls nicht auf der Stelle treten: „Wir wollen auf jeden Fall im In- und Ausland weiterwachsen“, verkündet Unternehmenssprecherin Nicole Berkmann kurz und bündig. Auf die Frage nach den bestimmenden Themen der nächsten Zeit antwortet sie: „Gesunde Ernährung ist ein großes Thema, das uns sicher erhalten bleiben wird. Regionale Produkte und das Gegenstück dazu – die internationale Küche und Urban Lifestyle – sind und bleiben aktuell. Und ein immer stärker werdendes Thema ist Convenience.“ Ein weiteres großes Thema bleibe das neue ökologische Bewusstsein: „Wir müssen uns zudem weiterhin stark mit dem Thema Nachhaltigkeit auseinandersetzen. Das beginnt bei Verpackungen und endet bei E-Tankstellen vor dem Geschäft.“

Dieser Meinung schließt sich ein im Vergleich eher kleinerer Mitbewerber – die Biokette denn’s – an: „Wir rechnen damit, dass der Trend zur veganen Ernährung sich noch stärker entwickeln wird“, pro­gnostiziert Geschäftsführerin Mareike Nossol. „Auch bei Fleischessern wird sich das Bewusstsein für Produktionsprozesse bei tierischen Produkten weiterhin erhöhen. Außerdem wird das Thema Verpackungsreduktion und Alternativen zu Plastikverpackungen eine große Rolle spielen.“ Vom Ökotrend im letzten Jahrzehnt hat das Unternehmen mit einem im Vergleich zu Branchengrößen geringeren, aber dennoch stetigen Ausbau profitiert und sich hierzulande etabliert: „Ab 16. Jänner 2020 sind wir mit unserem neuen denn‘s-Biomarkt endlich auch in Vorarlberg und damit in allen Bundesländern Österreichs vertreten“, freut sich Nossol. „Dieser Kurs soll fortgesetzt werden.“

Auch für den LEH-Marktführer bleibt Nachhaltigkeit das in Zukunft unter den Nägeln brennende Thema: „Nachhaltigkeit ist für Rewe kein Schlagwort“, sagt Pressesprecher Paul Pöttschacher. „Gesellschaftlich müssen wir uns besonders über Klima- und Umweltschutz Gedanken machen. Die Einsparung von Plastik und die Umstellung auf nachhaltige Verpackungsalternativen ist Rewe ein besonders wichtiges Anliegen. Wir arbeiten unter Hochdruck an umweltfreundlicheren Verpackungsalternativen.“ Auch der Regionalitätstrend werde nicht so schnell abebben – das regionale Sortiment wurde daher in den vergangenen Jahren stark ausgebaut: Zum Beispiel liefern rund 200 Produzenten aus 32 Regionen 600 regionale Produkte an Billa.

Selbstbedienungsladen 2.0

Das Filialnetz soll wie zuletzt weiter erweitert werden: Dabei wird auch manche neuartige Form von Geschäft an den Start gehen. Ende Dezember öffnete Billa in Wien-Meidling die Tore seines ersten Scan&Go-Shops: Die Kunden nehmen die gewünschten Produkte aus dem Regal, kaufen sie direkt via App und schließen den Einkauf im Kassenbereich mit einem QR-Code-Scan ab. Ein Stellenabbau ist durch den Einsatz solcher Technologien aber derzeit nicht abzusehen: Billa hat gerade im vergangenen Jahr über 400 neue Mitarbeiter eingestellt. Dass die technologischen Innovationen Angestellte obsolet machen, glaubt Martin Engelmann, Vorsitzender der dm-Geschäftsführung, ebenfalls nicht: „Auch in der Zukunft wird die Herausforderung bestehen, die echten Bedürfnisse der Kundinnen und Kunden zeitgerecht zu erkennen und dafür in der Zeit relevante Angebote zu gestalten, die den Unterschied machen. Dabei werden die handelnden Menschen immer noch die entscheidende Rolle spielen – auch in Zeiten von Online-Handel und KI.“

Vorbei werde man an der Digitalisierung aber nicht kommen: „Die Digitalisierung wird wie jeden anderen Lebensbereich auch den Handel verstärkt prägen. Das betrifft sowohl interne Prozesse, die Zusammenarbeit mit unseren Partnern als auch unsere Beziehung hin zu unseren Kunden.“ Aber Kunden möchten als Individuum mit persönlichen Bedürfnissen angesprochen werden – und das kann der Mensch manchmal doch noch besser als der Algorithmus: „Ein kompetentes Sortiment, begleitet von kundenorientierter Information und Beratung, wird daher auch in Zukunft ein wesentlicher Erfolgsfaktor sein.“ Daher entwickelt dm neue Servicekonzepte, die auf verstärkte Beratung durch Mitarbeiter setzen – in ausgewählten Filialen gebe es bereits eigene Beratungszonen im Bereich Ernährungsberatung, bei denen die drogistische Kompetenz im Vordergrund stehe. Engelmann: „Die Verschränkung von Handel und Dienstleistung ist ein Thema, das uns auch in Zukunft noch mehr beschäftigen wird.“