Öl

Der ÖLMARKT kommt ins RUTSCHEN

Ein Artikel von Johannes Lau | 05.04.2022 - 10:09
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Die Auswirkungen des Konflikts werden inzwischen längst auch jenseits des Kriegsgebiets spürbar. Ressourcen werden knapp und die Preise steigen entsprechend – das gilt insbesondere für jene Rohstoffe, die die beiden Krieg führenden Staaten noch zu Friedenszeiten in großem Stil exportierten. Und dazu gehören eben nicht nur fossile Brennstoffe wie Erdgas, sondern auch Lebensmittel: Laut einer Anfang März veröffentlichten Studie des US-Landwirtschaftsministeriums stellen die Ukraine mit 48 Prozent und Russland mit 29 Prozent zusammen das deutliche Gros der weltweiten Exporte von Sonnenblumenöl. Dass es etwa in Deutschland in den letzten Wochen bereits mehrfach in Supermärkten zu Leerständen in den Ölregalen kam, liegt aktuell aber vermutlich noch an Hamsterkäufen, da die Reserven im Handel nicht in wenigen Wochen aufgebraucht werden können. Jedoch bald schon könnte es tatsächlich zu Lieferengpässen kommen – je nachdem, wie lange der Konflikt anhält. So hat Russland letzte Woche ein Exportverbot für Raps und Sonnenblumenkerne verhängt, das vorerst bis Ende August gelten soll. Dass der Nachschub aus der Region in manchen Bereichen bereits vorher zum Erliegen gekommen ist, weiß etwa Walter Holzner, Vorstandsvorsitzender der VOG AG: „Es fehlt vor allem an Sonnenblumenöl – momentan fehlen monatliche Verschiffungen von 200.000 Tonnen aus der Ukraine.“ Das betrifft die Produktion der VOG nicht unmittelbar, könnte aber vielleicht einen in Österreich hergestellten Bestseller des Unternehmens – nämlich das Rapsöl „Rapso“ – als Alternativprodukt noch beliebter machen.

Löwenanteil Export
Die Nachfrage war aber schon in den vergangenen Jahren hoch, bilanziert Holzner: „Rapso konnte im Jahr 2021 seine Position als stärkstes Öleinzelprodukt im österreichischen Lebensmittelhandel mit einem Marktanteil von 8,9 Prozent laut NielsenIQ halten. In Deutschland beträgt der Marktanteil 3,42 Prozent und Rapso ist das zweitstärkste Öleinzelprodukt, wobei in Deutschland zu berücksichtigen ist, dass in den Nielsen­IQ-Zahlen der Harddiskont enthalten ist.“ So wurden im Jahr 2021 circa 16 Millionen Standardeinheiten (750-Milliliter-Flaschen) verkauft. Der Löwenanteil der Produktion geht mit satten 74 Prozent in den Export – der Hauptmarkt im Ausland ist Deutschland. Der könnte für die VOG womöglich noch wachsen, da laut des Verbands der ölsaatenverarbeitenden Industrie in Deutschland (OVID) die Nachbarn ihren Speiseölbedarf zu 94 Prozent mit Exporten decken. Die Ölmühle der VOG wird sich also auch 2022 munter drehen. Jedoch war es bereits vor der Ukraine-Krise zuletzt nicht einfach, mit der gestiegenen Nachfrage umzugehen: „Durch die coronabedingten Absatzsteigerungen im Lebensmitteleinzelhandel in den letzten zwei Jahren wurde der Raps aus der Ernte 2020 bereits Anfang Juni 2021 aufgebraucht“, berichtet der VOG-Boss. „Die neue Ernte 2021 wurde schon Mitte Juli direkt von den Feldern in die Ölmühle geliefert, sodass wir die Versorgung sicherstellen konnten.“ Das sei aber keine Selbstverständlichkeit gewesen, da die Ernte im Vorjahr eigentlich schlecht ausgefallen ist: „Insgesamt wurde österreichweit für die Ernte 2021 mit 28.235 Hektar die geringste Fläche Raps seit mehr als zehn Jahren angebaut.“

Oh, Kanada
Das hatte mit der schlechten Witterung zu tun: Gerade der großflächige Hagelschlag und Starkregen Ende Juni/Anfang Juli haben zu großen Ausfällen geführt: Der Durchschnittsertrag 2021 ist gegenüber dem Vorjahr um 156 Kilogramm pro Hektar zurückgegangen. Das hat sich dann auch auf die Preise ausgewirkt, berichtet Holzner: „Die Preisfixierung erfolgte laut unseren Anbauverträgen über die Börse in Paris am 20. Juli 2021 mit einem Preis von 535,25 Euro. Dies bedeutet eine Rohstoffpreiserhöhung von fast 40 Prozent.“ Dennoch hat man für die Ernte heuer die Rapso-Vertragsfläche von 8.400 auf auf 9.700 Hektar erhöhen können, weshalb Holzner trotz allem auf einen flüssigen Übergang in der Produktion hofft: „Wir sind bemüht, mit unseren verfügbaren Mengen an Rapso-Raps den Anschluss an die Ernte 2022 zu schaffen.“ Eine genaue Prognose sei aber derzeit schwierig: „Die weitere Entwicklung hängt massiv vom Verlauf des Ukraine-Konflikts ab.“ Denn der Krieg verschärft auch die vorher schon angespannte Lage im Speiseölgeschäft noch mehr: So hat mit Kanada auch ein anderer der größten Ölsaat-Exporteure gerade Probleme. Dort wurde 2021 die schlechteste Ernte seit 14 Jahren erzielt. Darüber hinaus haben sich die von der Pandemie gebeutelten Lieferketten bislang nicht erholt und die aktuelle Krise lässt die bereits vorher hohen Rohstoffpreise explodieren.

Aktionen abgesagt
Über die hohen Kosten klagt auch Klaus Hraby, Geschäftsführer von efko: „Die efko-Gruppe ist rundum mit Kostensteigerungen konfrontiert. Diese treffen auch die Produktion. Allein die Gaskosten schlagen mit einem Plus von 300.000 Euro zu Buche und auch sämtliche Nebenkosten gehen deutlich nach oben.“ Aber nicht nur auf Kraftstoffe, sondern auch auf das Verpackungsmaterial wirke sich der Konflikt aus. So sei verfügbares Glas ein weiteres Problem: Ein Glaslieferant etwa habe aktuell Schwierigkeiten zu liefern, weil sein Werk in der Ukraine zerstört wurde und dadurch die Kapazitäten fehlen. „Es entstehen massive Engpässe und Kostensteigerungen“, analysiert Hraby. „Folglich wird es zu Preiserhöhungen kommen, die sich je nach Position zwischen zwölf und 20 Prozent bewegen werden.“ In Eferding reagiert man nun auch, indem man derzeit Aktionen absagt. Der Geschäftsführer erklärt: „Es ist jetzt nicht möglich, die Ware zu rabattieren und dann im Herbst ohne Artikel dazustehen.“ Investitionen in strategisch relevante Geschäftsfelder bleiben unangetastet. „Jedoch werden Innovationen momentan weitgehend schubladiert.“

Gefüllte Vorratsschränke
Dabei verlief das Geschäft zuletzt recht gut: Durch Corona sei das Thema Bevorratung wieder stärker in den Fokus gerückt, sodass die Konsumenten vermehrt zu konservierten Waren gegriffen haben. „Die Awareness für haltbar gemachtes Gemüse ist gestiegen und die Kunden legen sich wieder Ware in den Vorratsschrank. Auch das Bewusstsein für heimische und nachhaltige Lebensmittel ist bei den Konsumentinnen und Konsumenten stark gewachsen. Nach einer jahrelangen Seitwärtsbewegung wächst deshalb wieder das Stammgeschäft“, freut sich Hraby. So sind vier von fünf efko-Produktionsstandorten gut durch die Krise gekommen. Das einzige Sorgenkind sei der gastrolastige Vitana Salat- und Frischeservice gewesen. Insgesamt hat efko 2021 einen Umsatz von 156,8 Millionen Euro erzielt. Heuer war eigentlich geplant, 165 Millionen Euro zu erwirtschaften. Durch den Ukraine-Krieg sei aber nun alles ungewiss und eine klare Zielvorgabe nicht mehr möglich: „Vielleicht werden es nur 130 Millionen sein. Vielleicht kommen wir in die Nähe der anvisierten Marken. Derzeit wissen wir nicht wirklich, wo wir landen werden.“