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Tierbedarf

Ein gefundenes Fressen für die Händler

Ein Artikel von Johannes Lau | 25.07.2018 - 11:15

Das Haustier und sein Halter – das ist eine besondere Beziehung. Wie diese tierische Liebe auch immer ausfallen mag: Verhungern lässt der Eigentümer seinen Freund offenbar nicht. Laut den neuesten Nielsen-Zahlen für den Drogeriewarenbereich verzeichnete das Heimtiersegment in Österreich insgesamt einen Umsatz von 311 Millionen Euro – das bedeutet ein sattes Plus von vier Prozent. 

Fragt man in der Branche nach, werden diese Daten in der Rückschau auf das letzte Jahr erfreut belegt. So berichtet etwa Bernd Berghofer, Geschäftsführer von Austria Pet Food, über positive Zahlen: Der Umsatz sei um mehr als 15 Prozent gewachsen – für 2017 hat man einen Umsatz von knapp 25 Millionen Euro bilanziert. 

Berghofer zeigt sich daher zufrieden – die Zuwächse seien vor allem durch eine voranschreitende Internationalisierung des Betriebs aus Pöttelsdorf zu erklären: „Wir konnten unseren Wachstumspfad auch im Jahr 2017 sehr gut fortsetzen.“ So werden die Produkte neuerdings ebenfalls in Indonesien, in der Türkei, in Jordanien und in Taiwan vertrieben. 

Die Tiere sind unruhig

Dabei wird es voraussichtlich aber nicht bleiben: Weitere Neukunden stehen bereits auf der Matte – seit dem 2. Quartal seien es vor allem deutsche Handelsketten, die als Abnehmer im Burgenland vorstellig werden. Der Geschäftsführer freut sich insbesondere darüber, einen großen Partner noch näher an sich gebunden zu haben: „Ganz besonders erfreulich war, dass wir Aldi Süd erstmals mit einem getreide- und zuckerfreien Produkt auf Singleproteinbasis beliefern konnten.“

Mit Einbrüchen im Auftragsportfolio rechne man daher nicht – ein weiterer Zuwachs sei schon zur Jahreshälfte zu prognostizieren: „Für das Jahr 2018 erwarten wir einen Umsatz von knapp 30 Millionen Euro“, erklärt Berghofer. 

Das sind für ein so junges Unternehmen recht beachtliche Zahlen: Austria Pet Food ist erst seit 2013 am Werk – von da an sei der Umsatz laut Berghofer innerhalb von fünf Jahren um das 18-fache gesteigert worden. Berg­hofer erklärt sich das dadurch, dass man frühzeitig auf neue Trends reagiert habe. 

Herrchen und Frauchen Österreicher lassen sich nämlich offenbar nicht nur selbst zunehmend eine bessere Ernährung angedeihen, sondern fordern das inzwischen ebenso für ihre tierischen Gefährten ein. Berghofer: „Man sieht, dass viele Ernährungskonzepte, die den Menschen bei ihrer eigenen Ernährung wichtig sind, auch für ihre Haustiere nachgefragt werden. Der Trend in der Heimtiernahrung geht eindeutig in Richtung höherwertige Ernährung.“ Austrian Pet Foods habe auf diese Entwicklung in den vergangenen zwei Jahren mit einer neuen Range von getreide- und zuckerfreien Produkten reagiert. 

Klare Arbeitsteilung

Hund und Herrl sind sich offenbar so ähnlich, wie man sagt. Der Markt registriert das und antwortet auf die individuellen Bedürfnisse von Hasso und Mietzi, deren empfindliche Mägen und Lebensabschnitte nun zunehmend gewürdigt werden. Berghofer: „Im Jahr 2018 sind weitere Produkte von uns auf den Markt gekommen, die sich insbesondere an ernährungssensible Tiere richten. Dabei geht es einerseits darum, diese Tiere in einer bestimmten Phase oder mit bestimmten Bedürfnissen besser zu unterstützen, als auch ihnen weiterhin zu helfen, sodass sie ihre Beweglichkeit optimal erhalten und ihr Fell und ihre Krallen gepflegt werden.“

Unter eigener Flagge segelt man aber derzeit noch selten. Austrian Pet Food produziert vor allem Handelsmarken. Laut Berghofer seien die Produkte unter eigenem Namen vor allem dazu da, damit Kunden Produkte und Vertriebskonzepte in einzelnen Regionen testen können. Man selbst konzentriere sich somit weiter auf die Fertigung: „Die Vermarktung und Positionierung dieser Produkte ist besser bei unseren Handelspartnern aufgehoben.“

Rex‘ Herrchen kauft öfter online

Die Größen im Tierbedarfshandel können ohnehin nicht jaulen: Fressnapf verzeichnete gar in Österreich 2017 mit einem Gesamtumsatz von 157,8 Millionen Euro einen neuen Rekord – der Umsatz wuchs um 3,3 Prozent. Geschäftsführer Hermann Aigner erklärt dieses Ergebnis vor allem durch die weitreichende Präsenz: An 132 Fressnapf- und fünf Megazoo-Standorten sind rund 1.000 Mitarbeiter aktiv, aber man wolle weiter expandieren: „Zu unseren Erfolgsfaktoren zählt das wachsende moderne Filialnetz. 2018 werden wir dazu nutzen, unseren Erfolg auszubauen.“ Konkrete Zahlen für das laufende Jahr wolle man noch nicht verlautbaren. Die ersten sechs Monate seien aber überdurchschnittlich verlaufen – auch dank des neuen Multipartnerprogramms Payback. 

Solche Innovationen müsse man integrieren, sagt Aigner – auch wenn man als Fachhändler ohnehin bereits gut vernetzt und angebunden sei. Mitbewerber aus anderen Bereichen erweitern ihr Sortiment für Tierbedarf nun einmal ebenfalls stetig. Fressnapf ergreift deshalb in Österreich im Onlinehandel die Initiative: „Dadurch, dass immer mehr verschiedene Unternehmen in das Segment Haustierfutter und -zubehör drängen ist es wichtig, dass wir als Fachhändler unsere Kompetenz täglich beweisen. Um gegen diese Herausforderungen gewappnet zu sein, wird Fressnapf Österreich im Herbst einen großen Onlineshop launchen.“

Der Ruf der Wildnis

Aber nicht nur im Vertrieb ändert sich manches – auch im Sortiment beobachtet Aigner Veränderungen: Der beste Freund des Menschen ist nämlich nun ein noch besserer geworden. Der Konsument wünscht sich auch für ihn zunehmend gesunde und hochwertige Produkte: „Gesundheit und Ernährung beim Haustier haben einen höheren Stellenwert als noch vor einigen Jahren. Das Haustier erhält die für seine dem Alter entsprechenden Bedürfnisse richtige Ernährung.“ 

Aber das bleibt nicht nur auf den heimischen Napf beschränkt: Wenn der Mensch neuerdings mehr sportelt oder sich vermehrt in die Natur schlägt, bleiben viele Vierbeiner nicht auf dem Sofa liegen, sondern sprinten mit oder hecheln zumindest artig hinterher. Der Handel hält anscheinend Schritt, wie Aigner sagt: „Im Bereich Hundezubehör ist ein Trend Richtung Outdoor und Hundesport erkennbar. Für jede Aktivität benötigt das Tier eine eigene Leine oder das richtige Geschirr. Der Hund als ständiger Begleiter des Menschen benötigt im Outdoorbereich auch eine robuste Ausrüstung.“ 

Aber selbst wenn sich die Zeiten ändern, haben Hund und Katze – wie ihre Besitzer – sich nicht vollständig verwandelt, sondern behalten alte Gewohnheiten bei. Somit bleiben laut Aigner die Bestseller weiterhin die alten: Snacks und Beschäftigungsartikel.

Low Carb für Vierbeiner

Dass Haustiere sich zunehmend an ihre zivilisierten Eigentümer anpassen, beobachtet auch der Mitbewerber. Norbert Steinwidder, Geschäftsführer von Das Futterhaus Österreich, beobachtet, dass sich Bello zunehmend „low carb“ ernährt: „Unter den Hunden gibt es immer mehr Allergiker und die Kohlenhydratquelle muss mit Bedacht ausgewählt werden.“ Getreidefreies Hundefutter werde zunehmend nachgefragt, auch glutenfreie Produkte seien verstärkt ein Thema – Bio und höhere Qualitätsansprüche fragen die Kunden ohnehin schon länger nach. 

Bislang kann man diese Nachfrage offenbar befriedigen: 2017 kam das Unternehmen auf einen Umsatz von 34 Millionen – eine Steigerung von 15 Prozent gegenüber dem Vorjahr. Derzeit sehe es angesichts einer Steigerung von 18 Prozent so aus, dass man das noch einmal toppen könne: „Wir erwarten einen Jahresumsatz von 40 Millionen Euro“, gibt sich Steinwidder selbstbewusst. Diese Profite sind aber hart erkämpft – mit Samtpfoten wird sich auf diesem Markt nicht angefasst. 

Das zeigt das Schicksal des erst 2017 in Wien auf den Plan getretenen Unternehmens Tierkönig. Im Herbst gab sich Unternehmensgründer Philipp Mertl gegenüber KEYaccount noch selbstbewusst: „Wir wollen insgesamt in Österreich mit 40 Filialen vertreten sein.“ Damit war man sich eigentlich dem in diesem Bereich so wichtigen Thema „Point of Sale“ und einer stabilen Filialstruktur bewusst. Als Alleinstellungsmerkmal wollte man in einer Verbindung von Großfachmarkt und persönlich geführter Boutique punkten. Auf die notwendige Schnelle war ein effektiver Markteintritt aber offenbar nicht zu stemmen: Im Mai hat der Newcomer bereits wieder Konkurs angemeldet.