coverstory | keyaccount 20/2020

Ein mühsames Jahr für Drogerien

Ein Artikel von Wolfgang Zechner | 16.11.2020 - 13:20
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© Hannes Eisenberger

Während der Lebensmittelhandel im Pandemiejahr 2020 stark wachsen wird, schwächelt der Drogeriefachhandel. Marktführer dm schlug sich noch vergleichsweise gut – das geht aus den vorliegenden Umsatzzahlen für das nun zu Ende gegangene Geschäftsjahr hervor. KEYaccount blickt auf eine Branche, die turbulente zehn Monate hinter sich hat.

Die gute Nachricht zuerst: Der Drogeriefachhandel wird auch im Coronajahr 2020 zulegen. In den ersten 40 Wochen erwirtschaftete der DFH in Österreich ein Plus von 2,5 Prozent im Vergleich zum Vorjahr. Das wurde KEYaccount von Siegrid Göttlich bestätigt. Sie verantwortet bei Nielsen als Commercial Director die Länder Österreich und Schweiz. Damit liegt der DFH aber deutlich unter den Wachstumsraten des LEH, der heuer wohl ein außergewöhnlich starkes Jahr hinlegen wird. Der Schuldige für das durchwachsene Jahr ist schnell gefunden: Es ist die Pandemie. Oder anders formuliert: Es ist das geänderte Einkaufsverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten während der Pandemie. „Gerade während des Lockdowns haben die Menschen weniger oft eingekauft und wenn, dann in einem Geschäft“, sagt Göttlich. Die Folgen: Die Menschen haben ihre Kosmetik- und Reinigungsprodukte gleich im Supermarkt gekauft und sind dafür nicht extra in den Drogeriemarkt gegangen. Oder anders formuliert: One-Stop-Shopping ist das Zauberwort – und der eine Stopp wurde zumeist nicht im Drogeriemarkt eingelegt. Wie schwierig die Situation gerade während des Lockdowns im Frühjahr war, zeigt beispielsweise die Tatsache, dass etwa der Großflächen-Drogist Müller kurzfristig seine Flugblätter aussetzte.

Putzmittel hui, Körperpflege pfui

Wobei obendrein im Non-Food-Segment die verschiedenen Kategorien unterschiedlich von der Pandemie getroffen wurden, wie Aferdita Bogdanovic, Marketingleiterin beim Marktforschungsunternehmen Branchenradar.com, erklärt: „Im heurigen Jahr dürften sich die Maßnahmen zur Eindämmung der Covid-19-Pandemie wohl negativ auf die Nachfrage nach Produkten zur Körperpflege auswirken.“ Alles in allem rechnet Branchenradar.com mit einem Rückgang der Ausgaben um 0,6 Prozent gegenüber dem Vorjahr. „Völlig konträr dazu dürfte sich indessen der Markt für Reinigungsmittel entwickeln“, so Bogdanovic weiter. „So hat die durch Kurzarbeit erzwungene Freizeit mancherorts zu wahren Putzorgien geführt. Für Reinigungsmittel prognostizieren wir daher ein Umsatzplus von 3,4 Prozent gegenüber dem Vorjahr.“

Onlinehandel schwach

Doch auch auf einer anderen Baustelle gibt es für den DFH schlechte Nachrichten. Obwohl der Drogeriefachhandel in den letzten Jahren viel Geld in den Ausbau des Onlinegeschäftes investiert hat und das Angebot an Online-Kosmetikportalen wächst, ist die Bedeutung des Distanzhandels bei Drogeriewaren laut Brachenradar.com nach wie vor überschaubar. Im vergangenen Jahr kam der Onlinehandel bei Drogeriewaren mit Ausgaben von insgesamt 105 Millionen Euro gerade einmal auf einen Marktanteil von drei Prozent. Dabei hat der DFH gegenüber dem LEH den großen Vorteil, kaum oder gar keine Frischeprodukte im Segment zu haben, die für den Onlinehandel ein logistischer Albtraum sind. Ob sich das Online-Geschäft während der Pandemie verbessert hat, bleibt abzuwarten.

Marktführer dm wächst schwächer

Wie sehr Corona dem Drogeriefachhandel geschadet hat, zeigt sich auch an den Umsatzzahlen von dm. Der Marktführer legte nämlich dieser Tage seine Zahlen für das soeben zu Ende gegangene Geschäftsjahr vor. Und obwohl in dieser Bilanz auch einige Monate aus dem Vorjahr hineingerechnet sind, zeigt sich: Das Virus hat seine Spuren in der dm-Bilanz hinterlassen. Mit einem Umsatzplus von 1,6 Prozent auf 980 Millionen Euro in Österreich entwickelt sich das Unternehmen im Geschäftsjahr 2018/2019 (Stichtag 30. September 2020) schwächer als in den vergangenen Jahren. Zum Vergleich: Im Vorjahr betrug das Plus hierzulande noch 4,6 Prozent. Somit hat sich die Zuwachsrate im Geschäftsjahr 2019/2020 im Vergleich zu 2018/19 fast gedrittelt.

Mit Marktanteilszugewinnen von 0,6 Prozentpunkten auf 46,6 Prozent am Drogeriefachhandel ist es dm laut eigenen Angaben jedoch gelungen, die Marktführerschaft in der Krise weiter auszubauen.

Wie die gesamte Friseur- und Kosmetikbranche ist dm von spürbaren Umsatzrückgängen im Bereich der Studios betroffen. Besser als in Österreich lief es für dm im Teilkonzern Österreich/CEE, zu dem neben Österreich auch Ungarn, Tschechien, die Slowakei, Slowenien, Kroatien, Serbien, Bosnien-Herzegowina, Rumänien, Bulgarien, Nordmazedonien und Italien zählen. Quer über alle Länder verzeichnete das Unternehmen einen Zuwachs von 5,3 Prozent. Insgesamt wurden hier 2.977 Millionen Euro umgesetzt. Gemeinsam mit dm Deutschland wurde im Konzern ein Umsatz von 11.519 Millionen Euro erwirtschaftet. Das entspricht einem Plus gegenüber dem Vorjahr in der Höhe von 2,9 Prozent.

Preise bei dm im dritten Quartal gesunken

Trotz Investitionen in den Schutz der Gesundheit von Kunden und Mitarbeitern gelang es, dem dm-Dauerpreisversprechen treu zu bleiben und die Preispositionierung am österreichischen Markt sogar weiter zu verbessern: Während Verbraucherschützer vielerorts über Preissteigerungen durch Corona klagten, lagen die Preise bei dm laut eigenen Angaben im zweiten Quartal 2020 gerade einmal 0,14 Prozent höher als ein Jahr zuvor, im dritten Quartal sogar um 0,48 Prozent niedriger – gemessen an einem Warenkorb von über 10.500 Produkten, die im Vorjahr bereits gelistet waren. Die allgemeine Inflationsrate in Österreich lag laut Statistik Austria in diesen Monaten zwischen +0,7 Prozent im Mai und 1,7 Prozent im Juli.

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