Coverstory - Keyaccount 14-15/2020

Einblick in die Welt von Hofer

Ein Artikel von Wolfgang Zechner | 30.07.2020 - 08:21
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© Hannes Eisenberger

Horst Leitner ist ein echter Routinier: Seit 1992 ist er für Aldi und Hofer tätig. Nachdem er unter anderem die Aldi-Expansion in den USA mitverantwortet hat, übernahm er Ende 2018 die Geschäftsführung der Hofer KG. Im großen KEYaccount-Interview spricht Leitner über die Corona-Krise, über Expansionspläne und über die DNA des Diskont-Marktführers.

KEYaccount: In Österreich wurde von der Bundesregierung wieder die Maskenpflicht im Lebensmittelhandel eingeführt. Wie beurteilen Sie diese Entscheidung?

Horst Leitner: Die Gesundheit geht immer vor, demnach steht auch für Hofer die Gesundheit unserer Kundinnen und Kunden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter immer an erster Stelle. Daher unterstützen wir die Wiedereinführung der Maskenpflicht in Supermärkten zum Schutz aller besonders Schutzbedürftigen. Wir haben alle bisherigen Entscheidungen der österreichischen Regierung im Rahmen der Corona-Krise mitgetragen und werden dies selbstverständlich auch weiterhin tun.

Corona hat den Händlern vor allem zu Beginn der Pandemie große Umsatzzuwächse gebracht. Wie hat sich Ihr Geschäftsverlauf in den vergangenen drei Monaten entwickelt?
Mitte März verzeichneten wir eine erhöhte Kundenfrequenz und eine überdurchschnittlich starke Nachfrage in mehreren Warengruppen, wie etwa Teigwaren, Mehl, Sugo, Mineralwasser, Tiefkühlware und Tiernahrung. Nach der außerordentlichen Absatzspitze hat sich die Nachfrage mittlerweile aber wieder auf ein übliches Maß eingependelt. In Summe sind wir mit dem Geschäftsverlauf im heurigen Jahr sehr zufrieden – und das, obwohl man nicht außer Acht lassen darf, dass mit dem gesamten Katalog an Schutzmaßnahmen natürlich auch deutliche Mehrkosten für das Unternehmen einhergegangen sind.

Das Wachstum der Diskonter ist in den vergangenen zwei Jahren ein wenig eingebremst worden. Worauf führen Sie das zurück?
Hofer verzeichnet für das vergangene Jahr einen Umsatz von 4,3 Milliarden Euro und bleibt mit einem Marktanteil von 20,5 Prozent weiterhin der größte Lebensmitteleinzelhändler Österreichs. 90 Prozent der Bevölkerung kaufen bei Hofer ein – das ist ein im internationalen LEH-Vergleich sehr hoher Wert. Unser Marktanteil bewegt sich seit Jahren stabil über 20 Prozent – damit sind wir hier die klare Nummer 1. Das spricht für unser gutes Filialnetz, unser attraktives Angebot und das Wohlfühlambiente in unseren Märkten. Gleichzeitig sehen wir im Bereich Frische und Regionalität noch Potenzial, weshalb wir diesen Themen weiterhin verstärkt unsere Aufmerksamkeit widmen werden. Weshalb das Wachstum bei anderen Diskontern stagniert, wollen wir nicht beurteilen.

Mit welchen Strategien wollen Sie in den kommenden Jahren das Wachstum von Hofer wieder beschleunigen?
Wir setzen ganz klar auf substanzielles Wachstum und wollen dabei nie unseren Fokus – wofür Hofer im Kern steht – aus den Augen verlieren: ein schlankes Sortiment, Frische, höchste Qualität und Regionalität zum attraktiven Hofer-Preis. Das ist und bleibt auch weiterhin unser Anspruch und der Erfolg gibt uns hier recht. Wir bieten unseren Kundinnen und Kunden optimiertes „one-stop-shopping“ dank eines perfekten Angebotspakets, bestehend aus unseren attraktiven, starken und innovativen Exklusivmarken die um ausgewählte Top-Brands und abwechslungsreiche Saison-Artikel ergänzt werden. Aktuelle Trends covern wir über Aktionen, setzen weiterhin Themenschwerpunkte, wie Ostern, Schulbeginn, Halloween oder Weihnachten, und werden auch in Zukunft Kooperationen mit internationalen Testimonials – wie zum Beispiel in der Vergangenheit mit Anastacia, Halle Berry, Wolfgang Joop und so weiter – eingehen. Darüber hinaus haben wir das Ohr stets bei unseren Kundinnen und Kunden und werden ihren Wünschen, etwa durch den Fokus auf Frische, Regionalität, Bio und Convenience, Rechnung tragen.

Welche Auswirkungen hat die Corona-Krise auf die Expansionspläne von Hofer?
Österreich zählt zu den Ländern mit der höchsten Dichte an Lebensmittelhändlern. Unabhängig von Corona ging und geht unsere Strategie daher nicht in die Richtung, in einem gesättigten Markt die Filialanzahl um jeden Preis noch weiter zu erhöhen. Das soll aber nicht bedeuten, dass wir unsere Augen nicht offenhalten, und Potenzial – sollten wir es erkennen – unter der Berücksichtigung diverser Faktoren wie Lage, Einwohnerzahl oder Erreichbarkeit, ganz genau prüfen.

Sie unterhalten in Österreich aktuell mehr als 500 Hofer-Filialen. Wie viele sollen heuer und im nächsten Jahr dazukommen?
Wir möchten uns hier nicht auf eine spezielle absolute Zahl fixieren. Wenn wir sinnvolles Potenzial – und vor allen Dingen den Bedarf für zusätzliche Lebensmittelversorgung – erkennen, prüfen wir diese Expansions-Option eingehend. Das hängt von einer Vielzahl von Faktoren ab. Aktuell sind wir mit unseren österreichweit 530 Filialen schon sehr gut aufgestellt: 90 Prozent der österreichischen Haushalte erreichen eine unserer Filialen in weniger als 15 Minuten.

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Horst Leitner im Gespräch.
© Hofer KG

Wo sehen Sie in Österreich künftig die wichtigsten Expansionsgebiete für Hofer?
Wir gehen beim Preis keine Kompromisse ein. Gleiches gilt hinsichtlich der Qualität. Unser Fokus liegt daher auf der sukzessiven Modernisierung unserer bestehenden Filialen. Wenn wir jedoch „weiße Flecken“ mit Potenzial erkennen, so werden wir auch diese – wenn sie unseren Anforderungen entsprechen – in Erwägung ziehen. Die weitere Entwicklung hängt vom Wachstum einzelner Regionen beziehungsweise auch von der Dynamik der Ballungszentren und Städte ab. Steigt die Einwohnerzahl, so steigt auch die Nachfrage nach Lebensmitteln.

Wie entwickelt sich die Italien-Expansion?
Wir sind mit der Performance von Aldi Italien sehr zufrieden. Im Norden des Landes sind wir mittlerweile mit 84 Filialen in den sechs Regionen Piemont, Lombardei, Emilia-Romagna, Venetien, Trentino-Südtirol und Friaul-Julisch Venetien vertreten. Zudem haben wir im Mai dieses Jahres in Landriano in der Provinz Pavia bereits unser zweites italienisches Logistikzentrum eröffnet. Wir wollen dieses Wachstumstempo weiterhin beibehalten und peilen bis Ende 2020 die Eröffnung der 100. Filiale an.

Das Thema Online-LEH rückte mit Corona verstärkt ins Interesse der Öffentlichkeit. Hofer agierte in der Vergangenheit in diesem Bereich eher zurückhaltend. Wird sich das nun ändern?
Über unser Service „Hofer liefert“ kann eine Vielzahl an Non-Food-Artikeln online oder in der Filiale bestellt und direkt nach Hause geliefert werden. Bei Frischwaren wie Obst, Gemüse, Brot oder Fleisch zählt aber immer noch der persönliche Eindruck – von Optik über Geschmack bis hin zu Geruch, weshalb wir hier weiter auf den stationären Handel setzen. Wir beobachten den Onlinehandel kontinuierlich, um Potenziale und Chancen ebenso wie Risiken zu identifizieren. Im Fokus steht für Hofer aber die sinnvolle Verknüpfung des digitalen Angebots mit etabliertem Offline-Retail, wodurch das ganzheitliche Einkaufserlebnis weiter gesteigert wird.  Sollten wir die Zeit dafür reif halten, werden wir die passende Hofer Lösung liefern. Bis es so weit ist, setzen wir auf den Ausbau unseres Frische-Sortiments und die Modernisierung unserer Filialen, um das Einkaufserlebnis am POS noch weiter zu steigern.

In der Vergangenheit hat Hofer immer wieder innovative Akzente in der Sortimentspolitik gesetzt. Ich denke an die Backbox oder an HoT. Haben Sie schon die nächste, große Innovation in der Pipeline?
Der entscheidende – und konstante – Kundenwunsch ist neben Regionalität und Nachhaltigkeit die Frische, ganz gleich ob bei Fleisch, Obst und Gemüse oder Backwaren. Darauf und auf den generellen Ausbau unserer Exklusivmarken fokussieren wir unser Handeln.  Unsere Bio- und Nachhaltigkeitsexklusivmarke „Zurück zum Ursprung“ und unsere Tierwohlmarke FairHOF haben sich beispielsweise gänzlich den Themen Bio und Nachhaltigkeit beziehungsweise Tierschutz verschrieben. Wir haben hier bereits mehrmals eine Vorreiterrolle im LEH eingenommen und erfolgreich viele Maßnahmen für mehr Tierwohl, den Erhalt der Regionalität, Förderung der kleinbäuerlichen Strukturen und faire Marktverhältnisse umgesetzt. Unter „What’s next“ versuchen wir immer am Puls der Zeit zu sein und präsentieren spannende Produktinnovationen von Jungunternehmen, etwa alkoholfreien Gin oder – ganz aktuell – Fleischalternativen auf Basis der Jackfruit. Aber auch unsere beliebte Backbox und HoT werden laufend attraktiviert und mit Innovationen erweitert. Unsere Kundinnen und Kunden finden in der Backbox laufend neue Artikel, wobei wir hier einen besonderen Fokus auf das Thema Regionalität legen: 80 Prozent der Artikel stammen aus Österreich und werden unter starker Einbindung heimischer Traditionsbetriebe hergestellt. Bei HoT bewegen wir uns dank unserer unschlagbaren Tarife sowie des Versprechens, dass HoT niemals teurer, sondern nur besser und billiger wird – und zwar für neue und Bestandskunden – mit Riesenschritten in Richtung eine Million Kunden. Auch Hofer Reisen erfreut sich ungebrochen großer Beliebtheit. Hier wird das Angebot ebenfalls ständig adaptiert. So bieten wir, da große Reisen aktuell kein Thema sind, aktuell beispielweise atemberaubende Motorradtouren mit Sternfahrten in Österreich, Deutschland und der Schweiz an – neueste Leihmotorräder inklusive.

Lange stand bei Hofer der Preis im Mittelpunkt. In den vergangenen Jahren verfolgte das Unternehmen aber eine pointierte Trading Up-Politik beim Sortiment. Ist der Preis als zentrales Argument ein wenig aus dem Fokus gerückt?
Ganz im Gegenteil: Die DNA von Hofer ist ganz klar auf Diskont ausgelegt, das Diskontprinzip ist und bleibt unsere Überzeugung. Wir haben uns in den vergangenen Jahrzehnten stark weiterentwickelt, dabei jedoch nie unsere Kernwerte aus den Augen verloren: Unsere Kundinnen und Kunden können sich auf den Hofer Preis verlassen. Das galt gestern, das gilt heute und das wird auch morgen noch gelten. Der Hofer-Preis ist das Synonym für Dauertiefpreise. Während die Aktionitis im LEH immer mehr um sich greift, setzen wir auf eine verlässliche und transparente Preispolitik als Gegenpol zu den vielen verwirrenden Preisaktionen am Markt.

Letzte Frage: Sie sind nun seit mehr als einem Jahr Chef von Hofer. Mal von Corona abgesehen: Was war bisher die größte Herausforderung, die Sie als Hofer-Generaldirektor zu bewältigen hatten?
Ich würde es nicht an einer einzigen He­rausforderung festmachen. Es ist für mich eine fantastische Aufgabe, gemeinsam mit meinem Team mit Österreich, Slowenien, der Schweiz, Ungarn und Italien für insgesamt fünf Länder, mehr als 1.000 Filialen und rund 25.000 Mitarbeiter verantwortlich zu sein. Es macht wirklich Spaß und ist eine tolle Aufgabe, die Geschicke und Entwicklungen von Aldi und Hofer in diesen fünf Ländern mit zu gestalten.