Nachhaltigkeit

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Ein Artikel von Johannes Lau | 30.11.2021 - 11:13
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Wenn es weltweit so weitergeht, ist es um die Zukunft des Klimas schlecht bestellt. Daher hat auch seit einigen Jahren dort ein Umdenken in Sachen begonnen, wo es manche Verantwortliche lange Zeit mit dem Umweltschutz nicht so genau genommen haben. Gerade die Diskonter standen im Handel in der Vergangenheit immer wieder im Verdacht, in Sachen Nachhaltigkeit zu schlampen, weil den preisbewussten Anbietern günstiger Produkte womöglich die Kasse näher als das Klima wäre. Das sei aber ein großer Irrtum, erklärt Simon Lindenthaler, Leiter der Unternehmenskommunikation bei Lidl: „Als Lebensmittelhändler in Österreich haben wir eine große Verantwortung für Mensch und Umwelt. Und diese nehmen wir ernst. Wir wollen ökologisch, ökonomisch und gesellschaftlich nachhaltig wirtschaften. Das ist für uns nicht nur eine unternehmerische Notwendigkeit, sondern auch eine moralische Verpflichtung gegenüber allen Generationen, die da noch kommen.“ Dieses Ziel könne man aber nicht allein erreichen: Alle Partner – Hersteller, Lieferanten, Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, jedoch auch Kundinnen und Kunden seien für diese Kraftanstrengung gefragt. Und was macht Lidl konkret? Erst kürzlich hat das Unternehmen mit der Lidl KlimaOffensive den Klimaschutz fokussiert: „Wir messen, vermeiden und reduzieren unsere Emissionen. Damit arbeiten wir klimafreundlicher als je zuvor“, freut sich Lindenthaler. So habe man schon viel erreicht, aber ein Grund zur Entspannung sei das nicht. Der Klimaschutz werde auch im nächsten Jahr eine maßgebliche Rolle bei den Unternehmensaktivitäten der Schwarz-Gruppe spielen: Zukünftig werde noch größerer Wert auf Tierwohl gelegt, das Bio- und Vegan-Angebot und die Anzahl von Produkten mit österreichischer Herkunft im Sortiment ausgebaut. Auch beim Filialbau und dem Logistikmanagement werde auf umweltfreundliche und innovative Lösungen gesetzt. Lindenthaler nennt als Beispiel den Ausbau der konzerneigenen Photovoltaik-Anlagen und E-Tankstellen. So sollen bis 2030 die Filialen mit 100 Prozent alternativ angetriebenen Fahrzeugen beliefert werden.

Eine bessere Welt
Ähnliche Töne vernimmt man auch beim Mitbewerber Hofer: „Wir sind uns unserer Verantwortung gegenüber Gesellschaft, Umwelt und Klima bewusst und möchten uns in diesen Bereichen im Rahmen unserer Nachhaltigkeitsinitiative ,Heute für Morgen’ aktiv engagieren“, heißt es von Unternehmensseite – vor allem im Bereich der Verpackungen. So verspricht man: „Bis Ende 2022 sind 100 Prozent der Verpackungen unseres Standardsortiments recy-
celbar.“ Darüber hinaus werden die Verpackungsmengen bei Eigenmarken bis Ende 2025 um 30 Prozent reduziert, bis dahin sollen in den Kunststoffverpackungen im Hofer-Sortiment durchschnittlich 30 Prozent Recyclingmaterial eingesetzt werden. Das Obst- und Gemüsesortiment soll dann sogar vollständig nachhaltig verpackt oder unverpackt sein. Bis zur Mitte dieses Jahrzehnts werde zudem das Angebot an klimaneutralen und pflanzlichen Artikeln im Sortiment laufend ausgebaut. Auch neue Filialen sollen zu 100 Prozent CO2-emissionsfrei betrieben werden. Und bei Hofer adressiert man ebenfalls die Konsumenten – denn wenn die die Produkte nicht annehmen, ist schließlich alle ökologische Mühe bei der Sortimentsumgestaltung umsonst: „Wir setzen umfangreiche und gezielte Aktionen, die mehr Bewusstsein für eine zukunftsorientierte Lebensweise schaffen und binden unsere Kundinnen und Kunden aktiv mit ein. Denn wir sind davon überzeugt, dass wir nur gemeinsam die Welt besser machen können.“
Aber nicht nur bei den Discountern, auch bei den LEH-Platzhirschen ist der Klimaschutz längst ein Thema. Laut Lukas Wiesmüller, Leiter Nachhaltigkeit bei Spar, bleibt davon kein Bereich im Unternehmen mehr unberührt: „Es lässt sich ja bei jeder Geschäftstätigkeit ein Nachhaltigkeitsaspekt finden. Entsprechend breit sind unsere Aktivitäten.“ So werden auch hier die Verpackungen umgestaltet: Alle Spar-Marken sollen bis 2030 recyclingfähig, wiederverwendbar oder abbaubar sein und Kunststoff-Verpackungen im Gesamtsortiment um 20 Prozent reduziert werden. Darüber hinaus wird das Tierwohl-Thema in der Fleischwarenproduktion im kommenden Jahr noch fokussiert. Auch im Energiebereich setzt man entsprechende Akzente in Sachen Nachhaltigkeit: Neuerrichtete Spar-Märkte werden mit energieeffizienten Geräten ausgestattet. „Dazu zählt unter anderen eine Wärme-Kälte-Verbundanlage mit ausschließlich CO2 als Kältemittel sowie Wärmepumpen“, sagt Wiesmüller. „Letzte Öl- und Gasheizungen werden somit laufend ersetzt durch klimafreundliche Technologie.“ Die Spar-Klimaziele lauten nämlich weiterhin: Bis 2050 minus 50 Prozent Energie, minus 90 Prozent Treibhausgase und 100 Prozent erneuerbare Energie. Zudem engagiere sich Spar intensiv in Projekten für Wasserstoff-basierte Logistiklösungen. „Als Mitinitiatorin des WKO-Projekts zum Aufbau von Wasserstoff-Tankstellen, -Flotte und -Wartungsmöglichkeiten in Österreich ist Spar von dieser emissionsfreien Antriebstechnik für den schweren Lieferverkehr überzeugt.“ Und davon sollen auch die Kunden profitieren: Die Tanne bietet aktuell schon über 120 E-Ladestationen an seinen Standorten an. Dabei soll es aber nicht bleiben: „Für 2022 ist ein weiterer Ausbau des Netzwerks geplant.“

Am Ziel nur Gewinner
Rewe ist ebenfalls seit vielen Jahren im Nachhaltigkeitsbereich aktiv: „Klima- und Naturschutz ist ein zentrales Anliegen, dem wir zum Beispiel mit der Stiftung Blühendes Österreich Raum geben“, berichtet Unternehmenssprecher Paul Pöttschacher. Weitere Kooperationen ist man mit dem klimaaktiv Pakt 2030 eingegangen und Ja! Natürlich hat unlängst eine Klimastudie in Zusammenarbeit mit Greenpeace veröffentlicht. Darüber hinaus wird die Eigenenergie-Erzeugung durch den weiteren Ausbau von Photovoltaik-Anlagen forciert. Zudem werden in diesem Jahr noch im Blick auf die Nachhaltigkeit entsprechende Evaluierungen der Produktionsbetriebe der Eigenmarken abgeschlossen. Auch in Wiener Neudorf lauten derzeit nämlich die großen Themen: nachhaltige Verpackungen, Tierwohl, Ausbau der Bio- und Vegansortimente, Vermeidung von Lebensmittelabfällen.
Als gesamtgesellschaftliches Problem, brennt das Thema jedoch nicht nur den Einzel-, sondern auch den Großhändlern unter den Nägeln. Daher stellt sich Transgourmet ebenso seit einer Weile dieser Herausforderung: „Das Thema Nachhaltigkeit begleitet uns als Gesellschaft vollumfänglich“, gibt Geschäftsführer Thomas Panholzer zu bedenken. „Als führender heimischer Gastronomiegroßhandel wollen wir unserer Vorreiterrolle auch diesbezüglich gerecht werden. Aktive Nachhaltigkeit ist und bleibt im Fokus bei Transgourmet Österreich.“ Nachhaltige Sortimentsleistungen vor allem im Biobereich, Ressourceneffizienz und Klimaschutz seien dafür die wesentlichen Bausteine. Auf diesen Feldern will man die Maßnahmen 2022 auch noch einmal intensivieren. Panholzer räumt aber ein, dass es dabei weiterhin ein Kraftakt sei, Ökonomie und Ökologie in Einklang zu bringen: „Herausfordernd ist und bleibt es, den Spagat zwischen Preiswürdigkeit und Nachhaltigkeit zu bewerkstelligen.“ Er und sein Unternehmen sind aber davon überzeugt, dass die Konsumenten bereit sind, für klar nachvollziehbare und ausgelobte Nachhaltigkeit auch mehr zu bezahlen: „Hier müssen wir gemeinsam mit unseren Kunden – den Gastronomen und Hoteliers – den Weg bereiten. Denn eines ist klar: Nachhaltigkeit ist wie ein langfristiges Investment zu sehen – es führt kein Weg daran vorbei und am Ziel angelangt kann es nur Gewinner geben.“

Bier wärmt das Haus
Bei den österreichischen Produzenten tut sich ebenfalls einiges. So kündigt Gabriela Straka, die für Nachhaltigkeitsagenden zuständige Geschäftsleiterin der Brau Union, an: „Die Brau Union Österreich hat sich zum Ziel gesetzt, bis 2030 CO2-neutral zu produzieren, bis 2040 soll sogar die gesamte Logistik klimaneutral werden.“ An einigen Standorten seien dazu wesentliche Schritte gesetzt worden: Die Brauerei Göss produziert bereits vollständig CO2-neutral: Seit 2013 ist dort dafür eine etwa 1.500 Qua-dratmeter große Solaranlage in Betrieb. Aber auch durch zahlreiche Initiativen werde die Nutzung erneuerbarer Energieträger forciert und gleichzeitig der Verbrauch von Wärme, Strom und Kraftstoffen gesenkt: So decke man etwa 40 Prozent des Wärmebedarfs aus der Abwärme eines benachbarten Holzverarbeitungsbetriebs. In den Brauereien Puntigam und Schwechat versorgt man sogar nicht nur den eigenen Bedarf an Energie, sondern produziert auch noch welche für die Nachbarschaft: „Dort wird die eigene Abwärme aus dem Gärprozess verwendet, um etwa Wohnungen, Büros, Geschäftslokale und einen Kindergarten in der Nähe mit Energie zu versorgen. Insgesamt 2.000 Menschen beziehen die Wärme für Heizung und Warmwasser aus der Brauerei. Auch in Schwechat werden 900 Wohnungen durch die Abwärme des Brauprozesses beheizt“, bilanziert Straka. Aber nicht nur in der Produktion, sondern bereits bei der Rohstoffbeschaffung versuche man möglichst nachhaltig zu agieren: „Schon beim Einkauf beginnt der Nachhaltigkeitsprozess. Unser Ziel ist, bei den Rohstoffen Braugerste und Hopfen einen möglichst hohen Anteil aus Österreich zu beschaffen.“ Der Fokus auf heimische Rohstoffe führe zu kürzeren Transportwegen, was schließlich weniger Emissionen erzeugt.
Wolf Nudeln bezieht seine Rohstoffe bereits seit Jahrzehnten aus der Region, weshalb Eigentümer Joachim Wolf verkündet: „Wir sind unter den Nudelproduzenten in Sachen Nachhaltigkeit in Österreich und weltweit immer der Vorreiter gewesen. Wir setzen auf regionale Rohstoffe und sind ein Paradebeispiel für die Kreislaufwirtschaft.“ Der Grünstrom, der derzeit in aller Munde ist, werde bereits seit zehn Jahren in die Produktion integriert. „Mit unserer Biogasanlage erzeugen wir die komplette Energie, die wir elektrisch und thermisch benötigen.“ Dabei belässt es Wolf aber nicht: Seit circa zweieinhalb Jahren werden immer mehr Wolf-Produkte in eine eigens entwickelte Papierverpackung abgefüllt: „Mein Ziel ist es, die Plastikverpackung zu eliminieren. Als man mit diesem Papierkonzept an mich herangetreten ist, war ich von dieser Lösung gleich überzeugt – im Gegensatz zu einigen Mitbewerbern.“ Und dieser Mut hat sich offenbar gelohnt. Die Konsumenten nehmen diese Innovation nämlich bislang gut an: „16 bis 17 Prozent der Produktion verpacken wir bereits in Papier. Ich hoffe, dass wir 2021 den 20-Prozent-Wert stark überschreiten.“ Somit sind für Wolf solche Ausgaben für nachhaltige Entwicklungen nicht bloß im Blick auf die wachsende Nachfrage nachhaltiger Produkte von Konsumenten sinnvoll. Seiner Meinung nach sind sie auch wesentliche Investitionen für die spätere Zukunft: „Unsere nächsten Generationen werden sehr dankbar sein.“ Bis dahin ist es aber wohl für alle noch ein weiter Weg.