Schwerpunkt: Körperpflegeprodukte

Der Make up-Markt im Maskenjahr

Ein Artikel von Johannes Lau | 18.09.2020 - 10:17

Mit Sicherheit ist das schon eines der Wörter des Jahres: Hygiene. Auch wenn die meisten sich heuer die Hände wuschen wie noch nie, ließ mancher offenbar während des Lockdowns die restliche Körperpflege schleifen: Laut Nielsen ging in dieser Zeit der Umsatz in der Sparte Deos zurück. Diese Einbrüche haben natürlich auch die Produzenten bemerkt: „Aufgrund der Corona-Krise und besonders in der Anfangsphase des Lockdowns haben wir einen Rückgang von Produkten gesehen, die in Verbindung mit ,Sozialer Hygiene‘ stehen“, berichtet Birgit Fritz, Strategische Leiterin des Bereichs Home and Personal Care bei Unilever Austria. „Das hat Auswirkungen auf Kategorien wie Deos.“ Vor der Krise habe Unilevers Sortiment in diesem Bereich aber stark performt – die Zugpferde sind dabei weiter die Marken Dove und Axe.

Starke Marken als Fundament

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Laut Fritz sind solche etablierten Produkte ein stabiles Standbein in diesen unruhigen Zeiten: „Starke Marken machen es uns möglich, die neuen Herausforderungen als Chance zu sehen, um so die neuen Konsumentenbedürfnisse optimal bedienen zu können.“ Als einen weiteren Vorteil für Unilever sieht sie vor allem das internationale Portfolio – für Produkte, die in anderen Erdteilen bereits auf dem Markt sind, entsteht angesichts der aktuellen Umstände auch hierzulande eine Nachfrage: „Beispielsweise hat Handhygiene in den Schwellen- und Entwicklungsländern eine überlebenswichtige Bedeutung. Entsprechend haben wir dort antibakterielle und antivirale Produkte auf dem Markt, die auf ihre Wirksamkeit und Verträglichkeit intensiv getestet wurden – diese können wir jetzt auch in entwickelten Ländern nutzen.“   

Auch bei Henkel hat man Rückgänge bei Deos sowie Stylingprodukten bemerkt. Davon wolle man sich auf seinem erfolgreichen Weg aber nicht aufhalten lassen, erklärt Bernhard Voit, General Manager für den Bereich Beauty Care bei Henkel Österreich. 2019 konnte die Marktführerschaft etwa im Bereich Haarkosmetik gehalten werden und auch insgesamt wolle man trotz Covid-19 weiter expandieren: „Wir wollen unsere Marktstellung in allen unseren Kategorien weiter ausbauen. Daran hat sich auch durch die von der Corona-Krise negativ beeinflusste Kaufentwicklung nichts geändert.“ Da man an der Pandemie natürlich nicht vorbei kommt, mussten aber zusätzliche Maßnahmen ergriffen werden: Der Gesundheitsschutz der Mitarbeiter und Geschäftspartner und die Absicherung der Lieferketten standen zuletzt im Fokus, aber sonst will man weitermachen wie bisher – wenn auch mit situationsbedingten Anpassungen: „Wir wollen unser Innovationsprogramm, mit dem wir unser nachhaltiges Wachstum erzielen wollen, bewusst vollumfassend umsetzen. Das bedeutet, dass wir teilweise neue Schwerpunkte gesetzt und die Kommunikation sowie die Medienplanung adaptiert haben.“

Haare färben zu Hause

Der Kassenschlager in diesem Jahr sind jedoch sicherlich Handseifen und Handdesinfektionsmittel: „Hier ist die Nachfrage regelrecht explodiert.“ Zudem hat man bei Henkel offenbar davon profitiert, dass auch die Friseursalons geschlossen hatten: Im Lockdown färbten sich die Menschen daher verstärkt zu Hause die Haare, was Henkel  via Schwarzkopf – Marktführer im Bereich Haarcoloration – zusätzliche Einnahmen brachte. Voit sieht ebenfalls eine solche etablierte Marke in der Krise als Pfund: „Die Corona-Krise bringt es mit sich, dass starke, glaubwürdige Marken als Vertrauensanker für die Menschen immer wichtiger werden. Konsumenten wollen auf ,Nummer sicher‘ gehen.“ Das sieht Procter & Gamble genauso, erfährt man von Unternehmenssprecher Nils Wettengel: „Es wurde ersichtlich, dass Konsumentinnen und Konsumenten Wert auf qualitativ hochwertige Produkte legen und Marken verwenden, denen sie vertrauen.“ Den Trend zu Schlampigkeit konnte das Unternehmen aber nicht feststellen: „Besonders auf Seite der Versorgung haben wir seit Beginn der Corona-Pandemie eine erhöhte Nachfrage nach Reinigungsmitteln sowie Körperpflegeprodukten bemerkt. Unter anderem war zu Beginn der Krise, im Zeitraum März/April, die Produktnachfrage nach Shampoos auffallend hoch.“ Auch Windeln und Feuchttücher wurden verstärkt gekauft. Procter & Gamble versorgte in der Krisenzeit die Konsumenten aber nicht nur mit Produkten, sondern auch mit Informationen: „In dieser Zeit der Verunsicherung haben wir Verbraucherinnen und Verbraucher unterstützt, indem Expertinnen  und Experten Rat zu Fragen des neuen Alltags, wie Home-Schooling, Home-Office, Hygienetipps und vieles mehr, gaben.“

Erwartungen und Einbrüche

Da Styling für viele auch Zeitvertreib und Entspannung bedeutet, haben sich einige Leute auch nur für die eigenen vier Wände schick gemacht: „Corona hat unseren Beobachtungen nach den Trend zu ‚Me Time‘ verstärkt. Konsumenten und Konsumenten möchten sich durch die Nutzung von Schönheitsprodukten eine Auszeit gönnen und sich selbst etwas Gutes tun. Hier haben wir entsprechende Pflege- und Stylingtutorials erstellt.“ Diese Anleitungen wurden beispielsweise über die Kanäle von dm verbreitet.

In der Krise rückten die Produzenten eben mit ihren Handelspartnern noch enger zusammen. Den Handel hat die Pandemie schließlich auch betroffen – so musste DM seine hohen Erwartungen wieder zurückschrauben. Im zurückliegenden Geschäftsjahr stand in Österreich ein Umsatz von  2,8 Milliarden Euro zu Buche. Daher ging man den neuen Bilanzzeitraum auch äußerst optimistisch an, verrät dm-Geschäftsführer Harald Bauer: „Zu Beginn des Geschäftsjahres 2019/20 haben wir erwartet, das Wachstum der Vorjahre in diesem Jahr fortsetzen zu können. Im ersten Halbjahr von Oktober bis März ist uns dies auch gelungen. Wir lagen deutlich über diesen Erwartungen. Im Zuge der Covid-19-Krise und den damit verbundenen Maßnahmen haben wir dann deutliche Einbrüche erfahren.“ Zum Beispiel waren Friseur- und Kosmetikstudios von dm vorübergehend gänzlich geschlossen. Mittelfristig wurde die Zusammenarbeit völlig neu organisiert, viele digitale Angebote wurden geschaffen. Es galt kreativ und flexibel zu sein: So hat der Lieferant von dm für Dienstkleidung kurzerhand die Produktion umgestellt und Mehrwegmasken für die Mitarbeiter produziert. Profitiert vom Lockdown hat natürlich der Onlineshop von dm. Doch dieser Boom sei nur der Situation geschuldet gewesen: „Während der Kontaktbeschränkungen konnten wir zwar einen Anstieg unserer Online-Umsätze beobachten, dem wir durch eine Verdopplung der logistischen Kapazitäten und durch neue Konzepte beigekommen sind. Viele unserer Kunden nutzen den Webshop als Inspirations- und Informationsquelle, kaufen aber weiterhin im Laden. Wir sehen Online-Einkäufe vor allem als Serviceleistung, weniger als Umsatzmotor.“

Starker Aufwärtstrend

Douglas hält das Onlinegeschäft dagegen mittelfristig für elementar: Die frühzeitige Digitalisierung des Unternehmens in der Krise hat nun besondere Wirkung gezeigt, sagt Geschäftsführerin Tina Müller: „Mit Beginn dieses Strategieprogramms haben wir das Thema E-Commerce von Anfang an in den Fokus gerückt. Davon profitieren wir jetzt überproportional und können unsere Position als Premium-E-Commerce-Anbieter signifikant ausbauen sowie die Umsatzausfälle im Filialgeschäft teilweise kompensieren.“ Europaweit sind nämlich zwischenzeitlich die Umsätze von 2.400 Douglas-Läden weggebrochen. Aber auch durch die Hilfe der Geschäftspartner habe man es stabil durch die Krise geschafft: Es gab eine hohe Solidarität auf der Lieferantenseite – bei den großen Kosmetikkonzernen – und es wurden konstruktive Gespräche mit Vermietern der Gewerbeimmobilien geführt, in denen Lösungen gefunden wurden, die für beide Seiten funktionieren. Nun geht es aber wieder bergauf: „Inzwischen haben wir auch fast alle unsere Filialen in ganz Europa wiedereröffnet und sahen im Juni bereits einen starken Aufwärtstrend unserer Umsätze.“ Keine Probleme hat man dagegen im Digitalgeschäft – im Gegenteil: Hier wurde ein Umsatzplus von 39,6 Prozent geholt. In den ersten neun Monaten des Geschäftsjahres erwirtschaftete Douglas damit 25,6 Prozent aller Umsätze online. Auch deshalb hielt sich der Schaden durch die Pandemie in Grenzen: Der kumulierte Konzernumsatz der ersten neun Monate des Geschäftsjahres 2019/2020 belief sich auf 2,5 Milliarden Euro und lag damit „nur“ 7,5 Prozent unter dem Vorjahreswert. Man hatte also eigentlich mit einem größeren Verlust gerechnet.

Das gute Onlinegeschäft hat das verhindert und boomt auch nach der Wiedereröffnung des Einzelhandels: Im dritten Quartal sei das E-Commerce-Geschäft um 70,3 Prozent gegenüber dem Vorjahreszeitraum gewachsen und die Zahl der Neukunden konnte sogar um über 90 Prozent gesteigert werden. „Besonders erfreulich ist aber, dass sich dieser Trend auch nach der Wiedereröffnung der Filialen fortsetzt. Wir gehen davon aus, dass wir heute bereits rund drei Mal so viel Umsatz online wie der nächste Wettbewerber in Deutschland machen. Wir nähern uns mit großen Schritten der Umsatzmilliarde im E-Commerce“, freut sich Douglas‘ Chief Digital Officer Vanessa Stützle. Aufgrund dieses enorm veränderten Kaufverhaltens hat Douglas angekündigt, ein Zukunftskonzept für sein europäisches Filialnetz zu erarbeiten. Die für den Spätsommer geplante Veröffentlichung wird aber auf voraussichtlich Anfang nächsten Jahres verschoben. Man wolle erst noch bewerten, ob das neue Konsumentenverhalten so auch im Weihnachtsgeschäft anhält. Im Corona-Winter 2020 kann schließlich noch viel passieren.