Schwerpunkt: Alkoholfreie Getränke

Trotz Corona noch gut im Saft

Ein Artikel von Johannes Lau | 16.06.2020 - 12:52
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Das wichtigste Grundnahrungsmittel für den Menschen ist Wasser. Aber das ist nicht nur gut für die Gesundheit, sondern auch für die Produktivität, verrät Jutta Mittermair, Unternehmenssprecherin von Spitz: „Ein Wasserverlust von zwei Prozent führt bereits zu einer verminderten Leistungsfähigkeit. Mineralwasser kann mit dabei helfen, das Defizit wieder auszugleichen.“ Im hiesigen Mineralwassergeschäft ist der Fruchtsaft- und Siruphersteller aus Attnang-Puchheim spätestens seit dem Vorjahr ein wesentlicher Player. Der Mehrheitsgesellschafter von Gasteiner erwarb 2019 den Anteil der Brau Union und ist daher nun alleiniger Eigentümer der Marke. Und man expandiert weiter: Im Vorjahr hat man für einen sechsstelligen Betrag mit dem Bau einer neuen Dosenabfüllanlage begonnen. Unlängst wurde auch mit der Errichtung eines neuen Hochregallagers begonnen – 15 Millionen Euro lässt man sich das kosten.

Trotz dieser Bemühungen wird der Mitbewerber den Spitzenreiter aber wohl nicht so schnell einholen: Vöslauer führt mit einem Marktanteil von 40 Prozent das Feld klar an. „2019 war mit einem Jahresumsatz von rund 106 Millionen Euro ein gutes Jahr“, fasst Geschäftsführerin Birgit Aichinger zufrieden zusammen. Zurückzuführen sei das vor allem auf die steigende Exportquote – derzeit 18 Prozent – und Zuwächse bei den Pfandprodukten: Die 1-Liter-Mehrwegflasche in der 8er-Kiste verzeichnete ein deutliches Umsatzplus von 33 Prozent. Das verdanke sich vor allem dem ökologischen Zeitgeist: „Unsere intensiven Bemühungen, nachhaltige Innovationen voranzutreiben, stoßen bei den Konsumentinnen und Konsumenten auf großen Zuspruch.“

Ansturm vor dem Sommergeschäft

Seit März dieses Jahres kommt zudem das gesamte Kunststoffsortiment in recycelten PET-Verpackungen in den Handel. In jenem Monat veränderte sich durch den Lockdown aber alles: „Wir hatten sehr ehrgeizige Pläne für 2020 und waren bis zum 12. März sehr gut auf Kurs. Das scheint mittlerweile schon eine Ewigkeit her zu sein. Wir korrigieren unsere Erwartungen klarerweise. Wie hoch diese Korrekturen sein werden, können wir zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht sagen, jede Woche bringt uns neue Erkenntnisse. Aber ja, die Coronakrise wird spürbar sein.“

Das gilt auch für Waldquelle, berichtet Geschäftsführerin Monika Fiala: „Natürlich verschiebt die Coronakrise einige Projekte und Investitionen, da sich das Konsumentenverhalten gerade ändert.“ Denn wie in vielen Lebensmittelbranchen fuhr man auch bei den Mineralwasserherstellern in den Bilanzbüchern Achterbahn: Im Handel verzeichnete Waldquelle durch die anfänglichen Hamsterkäufe Absatzzuwächse von über 40 Prozent im Vergleich zum Vorjahr, in dem man am Ende rund 40 Millionen Euro Umsatz erwirtschaftet hatte. Dadurch, dass man in Kobersdorf ohnehin gerade die Produktion im Blick auf das Sommergeschäft ankurbelte, konnte man diesen Ansturm jedoch bewältigen. Im April egalisierten sich die Ergebnisse wieder und nun werde auch das eingebrochene On-the-Go-Geschäft sowie bei Veranstaltungen und im Tourismus deutlich spürbar. Hier war eigentlich geplant gewesen, heuer seine Aktivitäten auszuweiten. Aber Fiala zeigt sich gefasst: „Auf Basis dieser Entwicklungen überarbeiten wir unseren Investitionsplan für heuer. Die Innovationen dahinter finden zeitverzögert, aber wie geplant statt.“ Vor allem das im Vorjahr um zehn Prozent gewachsene Mehrwegsegment im Sortiment soll weiter ausgebaut werden.

Vorfreude aufs vierte Quartal

Bei Römerquelle wirft man ebenfalls die Flinte nicht ins Korn – Herbert Bauer, Vertriebsleiter von Markeninhaber Coca-Cola Austria, hofft, dass man bis Jahresende noch die Kurve kriegt: „Wir gehen davon aus, dass wir unsere internen Ziele trotzdem erreichen und sind zuversichtlich, dass wir uns, auch dank unserer Produktinnovationen, im vierten Quartal über einen erfolgreichen Sommer freuen können.“ Der kurzzeitige gestiegene Absatz von Großverpackungen flache zwar schon wieder ab, aber insgesamt wolle man auch trotz der Verwerfungen

durch Corona sowohl im Wert als auch im Volumen weiterwachsen. Dazu setzt man bei Coca-Cola ebenfalls auf den grünen Trend: „Nachhaltigkeit und der Schutz des Klimas sind Themen, die den Konsumenten bei seiner Kaufentscheidung beeinflussen.“ Daher produziert auch die Nummer 2 seit 2019 am Mineralwassermarkt Einwegverpackungen komplett aus rePET.

Mit Coca-Cola hat Almdudler wiederum seit vergangenem Jahr nichts mehr am Hut: So war der Großkonzern in Form seiner Tochter Hellenic über drei Jahrzehnte für die Abfüllung und den Vertrieb der Kräuterlimonade in der Gastronomie zuständig. Diese Partnerschaft wurde im Vorjahr beendet. Laut Almdudler-Geschäftsführer Gerhard Schilling war das eine richtige Entscheidung: „2019 konnten wir – auch durch die Übernahme unseres Gastronomiegeschäftes vom bisherigen Lizenznehmer Coca-Cola Hellenic – ein zweistelliges Umsatzplus im Vergleich zum Vorjahr erzielen. Wir sind mit den Umsätzen und den Entwicklungen des vergangenen Jahres sehr zufrieden.“ Die Exportquote von inzwischen annähernd 30 Prozent trage dazu noch bei. Vor allem in Deutschland wachse man beständig. Da Almdudler auch gerne im Wirtshaus konsumiert wurde, traf der komplette Shutdown der Gastronomie aber das Traditionsunternehmen aus Wien-Döbling ebenfalls hart. Zum Glück, sagt Schilling, habe man im LEH ein zweites starkes Standbein, das könne die Verluste jedoch nicht kompensieren – im Gegenteil: „Das leidet in der aktuellen Situation, insbesondere durch den Frequenzrückgang im Handel und der Konzentration auf andere Sortimente.“

Klar ist, dass nichts klar ist

Bis die Lage sich wirklich normalisiert habe, werde es daher noch länger dauern: „All jene, die die einschneidenden Auswirkungen der getroffenen Maßnahmen wirtschaftlich überleben, werden hart daran arbeiten müssen, sich wieder dem Zustand vor der Krise annähern zu können. Ein nahtloses Anknüpfen an diesen Ausgangspunkt wird in den wenigsten Fällen möglich sein. Wie der Prozess im Einzelfall auch aussehen mag, eine Wiederherstellung der Situation wie vor Corona wird – so gut man das aus heutiger Sicht prognostizieren kann – in den nächsten zwölf Monaten leider nicht möglich sein.“

Wann man wieder an die früheren Erfolge anknüpfen kann, das weiß auch Frank van der Heijden, Geschäftsführer von Egger Getränke, nicht: „Wir gehen davon aus, dass uns der ,Corona-Effekt‘ noch einige Monate beschäftigen wird. Aktuell können wir die Lage noch nicht final einschätzen, da sich diese laufend – analog zum Einkaufsverhalten der Konsumenten – verändert. Damit haben wir im Prinzip keine Planungsgrundlage mehr. Daten aus dem Vorjahr sind nicht mehr relevant.“ Die Umsätze aus Gastronomie und Außerhausgeschäft fehlten zwei Monate lang nahezu komplett und auch seit den Lockerungen sitzen immer noch viele im Homeoffice und sind seltener unterwegs. Bestimmte Kategorien wie etwa Smoothies seien um 20 Prozent eingebrochen, während Sodawasser wiederum gerade boomt. Davon aber mittelfristig etwas ableiten zu können, sei jedoch nicht möglich: „Das bedeutet nicht, dass Sodawasser der neue Trend ist, denn auch hier ist der Absatz vom Lockdown beeinflusst.“

Erwartungen heruntergeschraubt

Die Gastronomie ist derzeit die große Schwachstelle für die Getränkehersteller, sodass diejenigen die Pandemie wirtschaftlich etwas weniger betrifft, die dort geringer involviert sind, wie Hans Lanzinger, Geschäftsführer von Pfanner (Jahresumsatz 2019: 295 Millionen Euro), erklärt: „Aktuell sehe ich uns auf Kurs entsprechend unserer Budgets 2020 – dank unseres Exports, da wir dort nicht so gastroabhängig sind.“ In Österreich sieht es dagegen anders aus: Hier vertreibt man 30 Prozent in der Gastronomie – das bekomme man nicht über den LEH abgefedert. Daher hofft er, dass es in der zweiten Jahreshälfte im Gastronomiegeschäft wieder bergauf geht.

Auch bei Rauch hat Covid-19 seine Spuren hinterlassen – dabei stand man zuletzt gut im Saft: „Im Geschäftsjahr 2019 hat Rauch Fruchtsäfte mit der ersten Umsatzmilliarde das Vorjahresergebnis trotz einer wetterbedingt schwierigen Ernte in Europa um vier Prozent übertroffen“, freut sich Geschäftsführer Daniel Wüstner. „Damit ist ein neuer Bestwert in der 100-jährigen Firmengeschichte erreicht.“ Die Erwartungen waren daher – auch im Blick auf eine Exportquote von inzwischen 66,7 Prozent – sehr positiv. Doch die habe man bedingt durch die Krise nun etwas heruntergeschraubt: Das Konsumverhalten der Zukunft sei ungewiss – so müsse man etwa sehen, welchen Einfluss diese Geschehnisse auf die Kaufkraft haben werden. Jedoch ist Wüstner zuversichtlich, dass sich die Situation bald wieder beruhige: „Durch unsere Professionalität und den hohen Einsatz haben wir es gemeinsam bis dato gemeistert, sodass wir durch die Krise noch näher zusammengewachsen sind und unsere Partnerschaften weiter festigen konnten. Diese Zeit ist für alle Beteiligten nicht einfach und wird auch in den nächsten Monaten herausfordernd bleiben.“